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[Film] Schlaflos (2006)

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Mein Kurzfilm SCHLAFLOS aus dem Jahr 2006 ist ab sofort online! In der Geschichte über die Liebe, das Leben und die Musik spielen Maximilian Simonischek und Stefan Murr. Der Soundtrack stammt von Christoph Schwarz (Betty's Apartment). Also, nehmt euch 38 Minuten und 10 Sekunden Zeit und begebt euch auf eine Reise durch die Nacht.

Um die Trennung von seiner Freundin Sylvia zu verkraften, beschließt Ben (Maximilian Simonischek), drastische Maßnahmen zu ergreifen: Er wird anfangen zu rauchen. Er wird sich in sein Auto setzen und ziellos in die Nacht fahren. Und er wird nie wieder schlafen. Bei einem Zwischenstopp in einem Fast-Food-Lokal aber drohen Bens Pläne zu scheitern: Peter (Stefan Murr), ein umherziehender Musiker, will per Anhalter nach Salzburg, um dort in einem Lokal spielen zu können. Peters Offenheit und Lebensfreude stellen Bens Verdrängungsmechanismen schon bald auf eine harte Probe ...

Schlaflos (2006) from Christian Genzel on Vimeo.

Wenn euch der Film gefällt, freue ich mich über Kommentare, Shares und ganz altmodisches Weitererzählen an Freunde - und vielleicht eine kleine Spende im "Tip Jar" ("Sparschwein") von Vimeo!

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[Film] The Human Centipede - Der menschliche Tausendfüßler (2009)

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Will ich das wirklich sehen? Das ist wohl die zentrale Frage, der man sich angesichts dieses schon jetzt berüchtigten Terrorfilmchens stellen muß. In THE HUMAN CENTIPEDE näht ein verrückter Wissenschaftler seine Opfer so zu einem menschlichen "Tausendfüßler" aneinander, daß der Mund des einen jeweils am Verdauungstrakt der vorderen Person hängt. Also: Will ich diesen Film sehen, der allerseits als exzellent gemachter und damit umso abstoßenderer Ekeltrip gehandelt wird?

Auch wenn hier auf Wilsons Dachboden gerne mal schräges Kino begutachtet bzw. teils auch gefeiert wird und dabei auch diverse Geschmacklosigkeiten unter die Lupe genommen werden: Ehrlich gesagt liegen meine Filminteressen schon seit langem nicht mehr dort, wo noch um jeden Preis angeeckt wird und der aufregendste Part an einem Film sein Schockwert ist. Grenzüberschreitungen und Tabubrüche um ihrer selbst willen reizen mich schon seit Jahren nicht mehr - früher wollte ich die ganz harten Sachen unbedingt sehen, ob Charles Kaufmans Rape-and-Revenge-Reißer MUTTERTAG oder die pseudoreelle Clipshow GESICHTER DES TODES, aber irgendwann ließen mich diese cineastischen Extremerfahrungen nur noch leer zurück. Nein, ich habe nichts gegen Blut, Schock und intensiven Horror - aber wenn ein Film mir nichts zu bieten hat als Nihilismus und die durchschaubare Provokation, dann stimmt mich das nurmehr traurig.

Dr. Heiter (Dieter Laser) hat gerade erfahren,
daß er beim nächsten Ärztekongreß nicht eingeladen wird.

Will ich also THE HUMAN CENTIPEDE, der ganz offenkundig auf immensen Schockwert baut, tatsächlich sehen? Nun, sagen wir es mal so: Die Grundidee ist absurd genug, daß ich ein gewisses Interesse nicht abstreiten kann - und sobald sich so ein Widerhaken mal in der Aufmerksamkeit festgesetzt hat, bleibt er auch meistens dort stecken, bis man sich dem vermeintlichen Alptraum von Film einmal gestellt hat. Und wie es der Zufall so will, gibt ausgerechnet der örtliche Elektromarkt klare Entscheidungshilfe: Wenn das schicke BluRay-Mediabook, das üblicherweise 30 Euro kostet, dort schon einsam in der Wühlkiste für vier Euro herumliegt, hat die Neugier nicht mehr mit allzuviel Widerstand zu rechnen.

Jenseits der Kurzbeschreibung im ersten Absatz ist in THE HUMAN CENTIPEDE jedenfalls nicht mit Unmengen an Plot zu rechnen: Der wahnsinnige Chirurg Dr. Heiter entführt zwei junge amerikanische Touristinnen und einen Japaner, um aus ihnen im Kellerlabor seines abgelegenen Hauses besagten Tausendfüßler zu bauen. Dafür operiert er ihnen die Knie, damit sie die Beine nicht mehr ausstrecken können, und näht jeweils Köpfe und Hintern zusammen - dafür müssen den Frauen vorab noch die Zähne gezogen und die Lippen weggeschnitten werden. Danach versucht er sein Experiment wie ein Haustier zu trainieren (z.B., indem er seinen "Tausendfüßler" die Zeitung holen läßt), während die drei Unglückseligen überlegen, wie sie aus ihrer - nunja - mißlichen Lage entkommen könnten.

Nicht die bevorzugte Position in so einer menschlischen Tausendfüßlerkette:
Die Aussichten von Lindsay (Ashley C. Williams) sind begrenzt.


THE HUMAN CENTIPEDE bestätigt einmal mehr, daß der Ruf eines Films nicht zwangsläufig etwas mit dem tatsächlich auf der Leinwand Gezeigten zu tun hat: "Er gilt als einer der schlimmsten und grausamsten Horrorfilme aller Zeiten", heißt es im Booklet, und gerne wird verbreitet, wie sich Zuseher übergeben haben oder aus den Vorführungen geflüchtet sind, während schon beim Vorsprechen viele hoffnungsfrohe Kandidatinnen das Weite gesucht haben, als sie erfahren haben, was überhaupt im Drehbuch steht. In Wahrheit ist der Streifen rein visuell fast harmlos: Abgesehen von ein paar schmackigen Wunden und Schnitten gibt es beinahe nichts Aufrüttelndes zu sehen - ein operativer Schnitt ins Knie hier, eine blutige Messerwunde dort. Gegen handelsübliche Splatterorgien nimmt sich THE HUMAN CENTIPEDE so harmlos aus wie der erste TEXAS CHAINSAW MASSACRE. Freilich hält sich der Film aber bei den nicht explizit gezeigten Schaudrigkeiten keinesfalls zurück: Abgesehen davon, daß die sadistisch-fiese Idee dieser aneinandergenähten Opfer schon generell unter die Haut geht, klärt uns der Streifen auch - ohne irgendetwas zu zeigen - auf, wie das so funktioniert, wenn der Vordermann mit der Verdauung fertig ist und das, räusper, Resultat weitergereicht wird.

Man muß es Regisseur und Autor Tom Six lassen: Technisch ist THE HUMAN CENTIPEDE eine gekonnte Angelegenheit. Die Kamera schleicht durch das deprimierend kahle und penibelst ordentliche Haus von Dr. Heiter, der Score fährt beklemmende Ambient-Flächen auf, Terror und Ekel sitzen. Gewissermaßen brillant ist der Hauptdarsteller, ein Mann mit dem schönen Namen Dieter Laser, der den wahnsinnigen Wissenschaftler wie Dr. Mengele durch die Szenerie stapfen läßt. Mit seinem kantigen, wie Leder gegerbten Gesicht und der harten deutschen Aussprache ist Laser wie geschaffen für den Chirurgen, dem man eigentlich nicht mal auf offener Straße und im Tageslicht begegnen möchte.

"Was soll das heißen, ihr seid nicht krankenversichert?"

Problem des Films ist aber nun keinesfalls die abstruse Grundidee oder die - letzten Endes eh nur angedeutete, aber nie ausgeführte - Grenzüberschreitung. Nein, der Haken an der Sache ist viel simpler: THE HUMAN CENTIPEDE ist dumm. Beziehungsweise - seine Figuren sind allesamt dumm; ein ums andere Mal kann man nur mit den Augen rollen, warum der Angelegenheit nicht hier und jetzt ein flottes Ende bereitet wird. Das fängt schon mit dem klischéehaften Verirren der beiden Touristinnen im Wald an: Eine einsame, verlassene Straße, dann eine Reifenpanne, und natürlich kein Handynetz. Wäre es eine gute Idee, langsam mit plattem Reifen die Straße entlangzufahren, um zur nächsten Ortschaft oder Tankstelle zu kommen? Vielleicht nicht - aber allemal besser, als in High Heels nachts durch den Wald zu stolpern und dabei sogar die Straße zu verlassen, um im Unterholz die Suche nach Hilfe fortzusetzen.

So geht es denn weiter: Ein Fluchtversuch der Hauptdarstellerin - noch vor der Operation - kommt so konstruiert spät, daß man auch nur aufstöhnen kann. Nachdem sie sich in einem Zimmer verschanzt hat, sucht sie nicht etwa nach einer Waffe oder nach einem Telefon - nein, sie verkriecht sich hinter dem Bett und weint den hinter der verschlossenen Tür polternden Doktor an, sie doch bitte gehen zu lassen. Wenig später zieht sie ihre bewußtlose Freundin quer durchs Haus und nach draußen - wäre es vielleicht geschickter, so schnell wie möglich davonzulaufen und dann mit der Polizei wieder anzurücken? Aber nein, dann würde ja kein menschlicher Tausendfüßler zustandekommen. Auch die hinteren Sequenzen stecken voll solcher wenig durchdachten Handlungen, und das hemmt den Terror dann doch gewaltig - wenn es nicht bei zynischeren Zeitgenossen vielleicht sogar dafür sorgt, daß sie den guten Onkel Doktor anfeuern, die anderen Figuren endlich zu erledigen.

"Grüß Gott, Herr Doktor! Wir sind unzertrennliche Freundinnen und
möchten unser Verhältnis gerne intensivieren."

Und so könnte THE HUMAN CENTIPEDE gleichzeitig weitaus schlimmer und weitaus besser sein. Wenn man das Folter-, Verstümmelungs- und Survivalhorrorkino der letzten Jahre schon ausführlich begutachtet hat, bietet dieser angebliche Extremfilm wenig, was man nicht schon sonstwo durchlitten hätte. Aber das gilt leider auch für die Qualität dieses Terrors - wobei man vielleicht dankbar sein darf, daß der Film auf demselben Niveau operiert wie jeder handelsübliche Slasherstreifen. Ich verliere jedenfalls wenig Schlaf, solange noch traditionsgemäß junge Leute in den Wald fahren und dort verhackstückt werden.

Tom Six warf nach dem Überraschungserfolg seines Schockers übrigens gleich eine Fortsetzung auf den Markt, die um einiges heftiger, perverser und grausamer ausfallen soll. Ich glaube, ihr wißt, welche Frage sich mir da stellt.







The Human Centipede - Der menschliche Tausendfüßler (England/Niederlande 2009)
Regie: Tom Six
Buch: Tom Six
Kamera: Goof de Koning
Musik: Patrick Savage, Holeg Spies
Darsteller: Dieter Laser, Ashley C. Williams, Ashlynn Yennie, Akihiro Kitamura

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[Game / PC] Another World (1991)

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Die Ankündigung eines schmucken Remakes des Plattform-Klassikers FLASHBACK gemahnt an ein schon vor langer Zeit geäußertes Vorhaben: Endlich einmal den Vorgänger ANOTHER WORLD zu spielen, der 1991 zunächst für den Amiga und den Atari ST, dann auch für DOS-Rechner und später für zig Konsolen veröffentlicht wurde - und gemeinhin dank seiner Präsentation zu den großen Klassikern des Jump'n'Run-Genres zählt und daher auch heute noch viele begeisterte Freunde hat. Nehmen wir es gleich vorweg: Ich kann mich nach dem Durchspielen nicht dazuzählen.

ANOTHER WORLD dreht sich um den Wissenschaftler Lester, der nach einem mißglückten Experiment mit einem Partikelbeschleuniger auf einen fremden Planeten geschleudert wird, auf dem er fortan um das nackte Überleben kämpfen muß. Wilde Bestien und giftige Würmer greifen ihn an, überall lauert der Tod - vor allem, nachdem er in die Gefangenschaft der Alien-Rasse gerät, die mit eiserner Hand über diese Welt herrscht ...


Das Spielprinzip von ANOTHER WORLD ist dem des kurz zuvor erschienenen PRINCE OF PERSIA nicht unähnlich: In statischen Bildschirmen läuft und springt man in der Seitenansicht durch die Welt, kämpft gegen Gegner und löst das eine oder andere Rätsel. Lester kann nicht so schön über Abgründe hechten und sich dann an Mauervorsprüngen hochziehen wie der persische Prinz, dafür gerät er aber schon bald in den Besitz einer Laserpistole, mit der er nicht nur auf Wachen schießen, sondern auch Schutzschilde aufbauen und Betonwände wegsprengen kann. Wie beim Prinzen gibt es auch hier nur gelegentliche Speicherpunkte; bei jedem Bildschirmtod wird Lester zum letzten solchen Punkt zurückversetzt und muß den Level wieder von vorne spielen.

Es ist ein fast bizarrer Widerspruch, der den Spieler hier stets begleitet: Man will das Spiel gut finden und bestaunen, während das Game alles daran setzt, einem den Spaß zu verleiden. ANOTHER WORLD ist von vorne bis hinten höllisch schwer, gerne auch mal unfair und in höchstem Maße frustrierend. Das fängt dabei an, daß man durch die Levels nur mit permanentem Trial-and-Error-Prinzip marschieren und erst nach diversen Toden Lösungsstrategien entwickeln kann - die aber jeweils voraussetzen, daß man das ganze Segment bis dorthin nochmals durchspielt. Weil das Game aber weniger geschicklichkeits- als puzzleorientiert funktioniert, hat man permanent das Gefühl, schon gelöste Parts wieder und wieder erledigen zu müssen - eine höchst ermüdende Tätigkeit, die gerade in den langwierigeren Spielstufen nur Augenrollen hervorruft. Dazu kommt, daß die Steuerung reichlich unpräzise funktioniert und man somit oftmals das Richtige tun will, aber sich zum Beispiel bei den Sprüngen über todbringende Gruben verhakt. Weil das noch nicht reicht, gibt es auch eine wunderschöne Sackgasse, in die man geraten kann, wenn man das Falsche zuerst macht - danach darf man munter weiterspielen, wird aber nie ans Ziel geraten.


Warum besteht ANOTHER WORLD auf so nervenaufreibende Art darauf, daß man die einzelnen Situationen nochmals und nochmals durchstehen muß? Ganz einfach: Weil das Spiel sonst nach zwanzig Minuten vorbei wäre. Es ist nicht wahnsinnig viel Welt, die hier erkundet werden will, und vieles davon spielt sich in Zellenblöcken und einer Höhle ab - zieht man die tausendfachen Wiederholungen ab, bleibt eigentlich nicht sehr viel Spiel über. Wer nun einwenden mag, daß zu früheren Zeiten die meisten Spiele ihren Schwierigkeitsgrad daraus bezogen, daß man sie immer wieder von vorne beginnen mußte, übersieht, daß die permanenten Rückschläge bei ANOTHER WORLD dem Spieler wenig Geschicklichkeit abfordern und sich die Geschehnisse nie ändern, sondern man einfach nur stets Dinge erledigen und Bildschirme durchschreiten muß, die man eigentlich schon geistig abgehakt hat.

Und das ist ein Jammer, denn die Präsentation hat sich ihren guten Ruf absolut verdient: Die Grafik - ein wenig im Stil mancher französischer Comics gehalten - hat eine klare und ansprechende Ästhetik; die animierten Zwischensequenzen sind nahtlos in das Spiel eingebunden (so nahtlos, daß man mitunter unsicher ist, ob man noch zusehen oder schon spielen soll!). Die Welt wird ganz ohne Worte oder Bildschirmanzeigen zum Leben erweckt - selbst die Waffe des Spielers hat keine eigene Energieanzeige, sondern zeigt mit leuchtendem roten Punkt an, wenn sie fast leer ist. Schon früh im Spiel schließt man Freundschaft mit einem Gefangenen, der einen fortan hilft - und diese Hinweise rein mit Gesten gibt (indem er zum Beispiel in die Richtung zeigt, in die man rennen soll).


Im Prinzip also eine recht beeindruckende Leistung, die der französische Programmierer Eric Chahi hier beinahe im Alleingang auf die Beine gestellt hat. Und doch ruiniert ANOTHER WORLD (das in den Staaten übrigens unter dem Titel OUT OF THIS WORLD veröffentlicht wurde) mit seinen nervenbelastenden Widrigkeiten eine Menge guten Willen: Es macht einfach keinen Spaß, so gequält zu werden. Und noch etwas enttäuscht letzten Endes gewaltig: Dafür, daß das Spiel mit (zumindest für die damalige Zeit) kinoartiger Introsequenz, einem mysteriösem Setting und einem eigens eingeführten Sidekick eine gewisse dramatische Geschichte andeutet, passiert letzten Endes doch kaum etwas: Man bekämpft Wache um Wache, erfährt dabei rein gar nichts über die Welt, und darf sich dann einem Ende stellen, das wenig narrativen Sinn macht und sich eher so anfühlt, als wären da Zeit und Speicherplatz zu Ende gewesen.

ANOTHER WORLD erwies sich übrigens als derart populär, daß ein Jahr später nicht nur der oben erwähnte inoffizielle Nachfolger FLASHBACK erschien (nicht von Chahi programmiert und trotz immensem Schwierigkeitsgrad weitaus spannender und besser), sondern 1994 auch ein offizielles Sequel herauskam: HEART OF THE ALIEN, das nur für die Sega Mega-CD-Konsole veröffentlicht wurde (und ebenfalls nicht von Chahi stammt) und direkt an den Schluß von ANOTHER WORLD anknüpft, aber aus Sicht des Alien-Freundes gespielt wird. Zum 15- sowie zum 20-jährigen Jubiläum folgten dann auch Windows-taugliche Neuauflagen des Spiels - beide wahlweise mit höherer Auflösung und niedrigerem/höherem Schwierigkeitsgrad oder ganz originalgetreu. Tja, lieber Eric, was kann ich da noch sagen? Sorry, aber ohne mich.




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[Film] Der New York Ripper (1982)

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DER NEW YORK RIPPER gilt als vielleicht härtester Film in der Filmographie eines Regisseurs, der mit Blut und Grausamkeiten selten gespart hat: Nachdem Lucio Fulci mit seinem Zombieterror ZOMBIE Erfolg fand und in der Todes-Trilogie EIN ZOMBIE HING AM GLOCKENSEIL, DIE GEISTERSTADT DER ZOMBIES und DAS HAUS AN DER FRIEDHOFSMAUER seine expliziten Verwesungsphantasien mit beinahe poetisch-surrealen Handlungen verknüpfte, verlagerte der Italiener seinen Fokus für LO SQUARTATORE DI NEW YORK (so der RIPPER-Originaltitel) in die reale Welt. Hier zieht ein Frauenmörder umher, der seine Opfer bestialisch zurichtet - und in altbewährter Fulci-Manier sehen wir dabei stets länger zu, als wir eigentlich wollen. Entsprechend intensiv war auch stets der Kampf mit der Zensur: In Deutschland wurde der Film beschlagnahmt, in England mitsamt Polizeieskorte (!) aus dem Land geschafft, und in vielen anderen Ländern waren nur gekürzte Fassungen zu sehen. Selbst die britische DVD- und BluRay-Auflage aus dem Jahr 2011 - also immerhin 29 Jahre nach Erscheinen des Films! - bleibt zensiert.

Aufgezogen ist DER NEW YORK RIPPER zunächst mal wie ein üblicher Thriller: Der Serienkiller geht seinem brutalen Treiben nach, aber über seine Identität läßt uns der Film bis zum Schluß im Dunkeln. Die Polizei ermittelt und geht diversen Spuren nach, bleibt aber über die meiste Zeit ebenso hilflos wie die diversen Opfer des Killers, der mit bizarrer entenähnlicher Stimme quakt und seine Spielchen mit dem Inspektor treibt - der sich wiederum mit einem Psychologen zusammentut, um vielleicht über ein Täterprofil mehr Informationen über den wahnsinnigen Mörder erhalten zu können. Und wie es in so einem Krimirätsel üblich ist, ist auch für uns Zuseher eine ganze Palette an Figuren verdächtig, und die Geschichte wirft immer wieder Hinweise und fälsche Fährten ein, um uns ebenso wie die Polizei im Dunkeln tappen zu lassen.


Ein wenig begibt sich Fulci mit dem RIPPER also auf Giallo-Pfade: Das mit der Lösung des Rätsels verknüpfte Bild- oder Tonelement (gerne mal ein Gemälde oder eine Tonaufnahme, hier das Entengeschnatter des Täters) ist ebenso ein wiederkehrendes Motiv dieses populären italienischen Genres wie auch die Auflösung, die die Morde psychologisch begründet. Ganz zu schweigen von der Verquickung von Sex und Gewalt - und gerade bei letzterem ist Fulci natürlich mit Eifer dabei. Über weite Strecken fühlen sich die diversen Schnitte und Stiche an den Opfern gar nicht so extrem an, wie es vielleicht noch 1982 der Fall war - vor allem im Vergleich zu anderen Blutbädern des Regisseurs - aber intensiv und lang ausgekostet bleibt der Terror hier nichtsdestotrotz. Und just, wenn man denkt, daß Fulcis grausamste Tage hinter ihm liegen, konfrontiert er einen mit liebevollen Nahaufnahmen, in denen eine Rasierklinge eine Brustwarze durchtrennt und einen Augapfel zerschneidet.

Es sind harte Gewaltspitzen, die auch mehrere Jahrzehnte später noch durchaus an die Nieren gehen können - aber die eigentlich beklemmende Eigenschaft des Films ist primär der Nihilismus, mit dem Fulci diese Welt darstellt und der ihm hier oft schwere Vorwürfe der Frauenfeindlichkeit einbrachte: Die weiblichen Figuren des Films sind allesamt hilflose Opfer, die für ihre Sexualität bestraft werden. Eine Heldin gibt es nicht - nur eine Frau, die sich hauptsächlich dadurch auszeichnet, keine Prostituierte zu sein (wie zwei andere Opfer) und nicht durch sexuelle Ausschweifungen "verbotene" Reize auszukosten (wie eine weitere Frau, die umgebracht wird). Entkräften kann man den Vorwurf gegenüber Fulci aber relativ einfach: Das Männerbild ist nämlich kaum positiver. Die männlichen Protagonisten des Films sind Jäger, eiskalte Zyniker (wie der Psychologe, der offenkundig Spaß an der Suche nach dem Killer hat und ungerührt vorschlägt, einfach bis zum nächsten Opfer zu warten), brutale Täter (und das schließt nicht nur den Serienmörder mit ein) und aggressive Proleten (wie zwei Kerle in einer Bar, die auf derbe Weise eine Besucherin belästigen).


Passend zur zynischen Figurenzeichnung ist auch die Welt, die diese Menschen bevölkern: Im NEW YORK RIPPER ist New York ein dreckiger Moloch, der nur aus Pornokinos, Obdachlosen, zwielichtigen Ecken und permanent in der Luft hängendem Gewaltpotential zu bestehen scheint. Menschliche Nähe ist hier fast nur käuflich zu erwerben oder aber in düsteren, verbotenen Regionen angesiedelt - wie bei der obengenannten Frau, die Live-Sexshows besucht und Sado-Maso-Spiele mit Fremden sucht, nur um sie auf Band aufzuzeichnen und diese Aufnahmen dann ihrem Ehemann zukommen zu lassen. Selbst der ermittelnde Inspektor vertreibt sich die Zeit mit einer Prostituierten.

So paßt DER NEW YORK RIPPER in eine Reihe von Filmen, in denen New York als hoffnungsloses Loch gezeichnet wird und die übliche Gut-Böse-Verteilung immer arbiträrer wird. Inspiriert von den urbanen Gewaltszenarien eines FRENCH CONNECTION oder EIN MANN SIEHT ROT, womöglich aber auch durch den realen Horror rund um den Serienmörder Son of Sam, der 1976 bis 1977 in New York wütete, tauchten Anfang der Achtziger plötzlich eine Menge Filme auf, die dieser düsteren Seite des Großstadtlebens Ausdruck verliehen - sei es William Friedkins Sündenpfuhl CRUISING, James Glickenhaus' Selbstjustiz-Reißer DER EXTERMINATOR, William Lustigs Amoklauf MANIAC oder eben Fulcis Welt aus Jägern, Tätern und Opfern. Hier liegt auch die Stärke eines Films wie DER NEW YORK RIPPER: Er schaut nicht weg. Er zeigt eine - freilich überzeichnete - Welt, die anderswo unter den Teppich gekehrt wird, und reagiert auf die Schrecken der Welt mit ebenso drastischen Bildern.


Natürlich ist DER NEW YORK RIPPER primär ein kleiner Exploitation-Reißer, der mit Sex und Gewalt Adrenalin-Kicks generieren will. Und natürlich ist die psychologische Auflösung des Ganzen ebenso abstrus wie die Geschichte selbst, die sich - ganz Fulci-typisch - weniger um Logik und wasserdichte Stringenz bemüht als um ein alptraumhaftes Gefühl der Bedrohung und der Hilflosigkeit. Aber genau damit kann der Regisseur dem Zuseher wieder immens unter die Haut gehen: In einzelnen Sequenzen kostet Fulci das Gefühl des Terrors einmal mehr mit höchstem Geschick aus - beispielsweise eine Szene, in der eine Frau vor dem Killer in ein leeres Kino flüchtet - und verknüpft diese Einzelmomente zu einem düsteren Bild, in dem nicht mal die Auflösung wirklichen Trost spendet: Da bleiben Klagerufe ohne Antwort, und der Verkehrslärm der Stadt übertönt alles, was es vielleicht noch zu sagen gäbe.







Der New York Ripper (Italien 1982)
Originaltitel: Lo Squartatore di New York
Alternativtitel: The New York Ripper / The Ripper / Manhattan Ripper
Regie: Lucio Fulci
Drehbuch: Gianfranco Clerici, Lucio Fulci, Vincenzo Mannino, Dardano Sacchetti
Musik: Francesco De Masi
Produktion: Fabrizio De Angelis
Darsteller: Jack Hedley, "Almanta Keller" (= Almanta Suska), Howard Ross, "Andrew Painter" (= Andrea Occhipinti), Alexandra Delli Colli, Paolo Malco, Cinzia de Ponti, Daniela Doria, Zora Kerova

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[Gewinnspiel] SCHLAFLOS-CDs und Betty's-Apartment-CDs zu gewinnen!

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WIR VERSCHENKEN CDs!

Heute ist Record Store Day! Besucht einen Plattenladen, kauft Vinyl und legt zuhause ein paar gute alte Schallplatten auf. Weil aber die CD mittlerweile mehr ausstirbt als die Platte, wollen Betty's Apartment (Christoph Schwarz) und Ghost Light Productions (ich) diesen Tag für Musikliebhaber mit einer CD-Verlosung feiern: Wir verschenken 30 Exemplare des Betty's-Apartment-Livealbums von 2007 (inkl. dem SCHLAFLOS-Song "Never Getting Anywhere") und 15 Exemplare meines SCHLAFLOS-Soundtracks (mit vielen weiteren Betty's-Apartment-Songs).


Schickt einfach an eMail an wilsonsdachboden@ghostlightproductions.de. Die ersten 15 Einsender kriegen beide CDs, unter den übrigen Teilnehmern verlosen wir dann noch die restlichen 15 Betty's-Apartment-Alben. Passend zum Record Store Day ist heute um Mitternacht auch schon der Einsendeschluß! Ihr könnt auch gerne euren Freunden von der Aktion erzählen und diese Nachricht sharen & weiterreichen.

Wir wünschen einen fantastischen Record Store Day!

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[Film] Papaya - Die Liebesgöttin der Cannibalen (1978)

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Kannibalismus lag in den späten Siebzigern voll im Trend - zumindest filmisch gesehen. So ist es auch kein Wunder, daß der geschäftstüchtige Onkel Joe D'Amato - bürgerlich Aristide Massaccesi - gleich mehrfach auf der Menschenfresser-Manie mitschwamm: Schon 1977, also im selben Jahr von Ruggero Deodatos erlesen erfolgreichem Anthropophagie-Epos ULTIMO MONDO CANNIBALE, kreuzte er in NACKT UNTER KANNIBALEN die exotische Erotik der BLACK-EMANUELLE-Reihe mit dem blutigen Hunger nach Innereien, der plötzlich über das italienische Kino hereinbrach. Nur ein Jahr später stand Joe schon mit dem nächsten Reißer parat - auch wenn der Kannibalismus-Gehalt von PAPAYA - DIE LIEBESGÖTTIN DER CANNIBALEN dem Softsex-Element diesmal weit untergeordnet bleibt.

Die titelgebende Papaya ist eine schwarze Schönheit, die irgendwo in der Karibik (genaugenommen in der Dominikanischen Republik, wo D'Amato in dem Zeitraum diverse Filme gedreht hat) weiße Männer verführt und sie dann tötet. Gleich zu Beginn des Films sehen wir sie beim Liebesspiel mit einem nicht näher eingeführten Herrn, dem sie nach ein paar Minuten einen höchst empfindlichen Teil der Anatomie abbeißt - wobei wir das als kritische Zuseher noch eher als Penisneid denn als Kannibalismus werten können, da sie das gute Stück auch sofort wieder ausspuckt.

Papaya (Melissa Chimenti) gibt dem Wort "Fleischeslust"
eine ganz neue Bedeutung.
Schnell lernen wir die Protagonisten unseres Inseldramas kennen: Den Ingenieur Vincent und die Journalistin Sara, die sich hier zufällig treffen und sogleich ihre langjährige Affäre wieder aufleben lassen. In der Hotelhütte von Vincent findet sich leider eine etwas angefaulte Leiche, die sich als Kollege von Vincent entpuppt - aber zum Glück lassen sich unsere Helden nicht lange den sonnigen Aufenthalt vermiesen. Bei der Lustfahrt über die Insel nehmen sie aber leider die gute Papaya als Anhalterin mit, die beide erst in ein nahegelegenes Dorf lockt, wo sie einem geheimen Ritual beiwohnen dürfen, und dann mithilfe einiger grimmig schauender Inselbewohner Vincent und Sara entführt und gefangenhält.

So offenbart sich dann auch flugs der Grund, warum Papaya die unglückseligen Männer über die Klinge springen läßt: Vincents Firma plant, auf der Insel ein Atomkraftwerk zu bauen, und die Dorfbewohner bringen die dazugehörigen Ingenieure um, um diesen Bau zu sabotieren. Wie klug organisiert die Bande dabei vorgeht, zeigt sich in dieser schönen Rede des Anführers, der darin seine Untergebenen an den Plan und Papaya an ihre Aufgabe erinnert:

Du mußt für uns die Namen aller Ingenieure, die im Atomkraftwerk arbeiten werden, rausbekommen. Wir müssen alle Namen und die Adressen wissen. Vielleicht auch noch ein paar Details aus ihrem Privatleben. Ich nehme nicht an, daß ihr einen besseren Vorschlag habt, oder? Wir sind eine kleine Organisation, und wenn es geht, müssen wir versuchen, uns ohne Gewalt zu wehren. Wenn ich "ohne Gewalt" sage, meine ich: Ohne Waffen. Notfalls auch mit Waffen.

"Hallo, ich bin Papaya. Wollt ihr mit mir gegen Atomkraft demonstrieren?"
Bei solch glasklarer Demonstrationsphilosophie wundert es freilich kaum mehr, warum die Ingenieure erst verführt werden müssen, bevor sie über den Jordan geschickt werden - mir persönlich würden zwar zwei bis siebzehn effektivere Wege einfallen, der Atomfirma das Leben schwer zu machen, aber zugegebenermaßen verstehe ich ja auch nichts vom bürgerlichen Widerstand. Immerhin lassen Papaya und die Dorfbewohner unsere liebe Sara am Leben: Die soll als Journalistin nämlich über den Kampf der Inselbewohner schreiben, um Bewußtsein für die Ausbeutung der dritten Welt durch die Industrienationen zu schaffen. Außerdem laufen Papaya und Sara gerne zusammen nackt am Strand herum.

So, wo bleiben jetzt die Menschenfresser? Nun, wie eingangs schon angedeutet, ist dieses Element hier eher sekundär oder gar tertiär einzustufen. Abgesehen von der kurzen Knabberei zum Einstieg bleibt eigentlich nur eine Szene, wegen der der Film (der im Originaltitel gar keinen Kannibalismus anführt: PAPAYA DEI CARAIBI) zu den Fleischfresser-Epen von Deodato, Lenzi & Co. gerechnet wird: Bei dem Ritual, dem Vincent und Sara beiwohnen, werden zwei (schon tote) Schweine ausgeweidet; danach erdolcht der Ritualführer ein Menschenopfer, schneidet ihm das Herz aus der Brust und beißt einmal kräftig hinein. Mahlzeit! Immerhin hat Onkel Joe auch anderswo zumindest ein paar Fixpunkte des Subgenres unterbringen können: eine exotische Location (wenn auch kein Dschungel), ein paar miteinander kämpfende Tiere im dokumentarischen Mondo-Stil (wenn auch nur ein Hahnenkampf) und ein wenig bizarres Ritual (wenn auch nur größtenteils getanzt wird).

Ein kurzer Moment der Erholung nach tagelanger
Aufopferung im Kampf gegen die Atomkraft.

Abgesehen von dieser kleinen Handvoll an - nunja - Störfaktoren entpuppt sich PAPAYA - DIE LIEBESGÖTTIN DER CANNIBALEN zu 95% als gemütlich inszenierter Softsex-Reigen, wie ihn D'Amato immer wieder in seiner Karriere auf Zelluloid gebannt hat: Schöne Körper, entspanntes Erzähltempo, sanfte Lounge-Funk-Klänge, hübsche Bilder dazu - gerade in letzterem Aspekt zeigt sich einmal mehr, daß D'Amato, der auch hier wieder als sein eigener Kameramann fungiert, mit wenig Aufwand eine stimmungsvolle Groschenheft-Ästhetik kreieren kann. Wie so oft in Onkel Joes Filmen spielt auch der Voyeurismus wieder in das Prozedere hinein: In einer Sequenz kann die in einer Hütte eingesperrte Sara durch das Fenster Papaya im gegenüberliegenden Haus beim Liebesspiel beobachten.

Eine Beobachtung sei noch gestattet: Es ist bestechend, wie oft bei D'Amato die weibliche Sexualität als Kraft gezeichnet wird, der sich andere nur unterordnen können. Das Wort "Liebesgöttin" im deutschen Verleihtitel zeigt da in die absolut richtige Richtung: Papaya kann durch ihre bloße Präsenz schon Männer wie Frauen betören und ohne viel Zutun bis zur Hörigkeit bringen. "Sie ist das schönste Mädchen, das ich jemals gesehen habe", sagt anfangs sogar Sara über die verführerische Fremde, der Vincent später so sehr verfällt, daß er wie im Trancezustand bei ihr bleiben will und Saras Warnungen, daß er umgebracht werden soll, in den Wind schlägt. Auch in vielen anderen D'Amato-Filmen spielen solche Frauenfigur eine zentrale Rolle: In der BLACK-EMANUELLE-Reihe (wo die unwiderstehliche Attraktivität - und Aktivität - der Figur freilich ein wenig der EMMANUELLE-Vorlage geschuldet ist), aber beispielsweise auch in den Sarah-Asproon-Filmen (in ELF TAGE, ELF NÄCHTE verfällt ein Mann der Hauptfigur so sehr, daß seine Verlobung auf dem Spiel steht; in TOP MODEL kann Sarah Asproon sogar einen homosexuellen Mann becircen) oder in DANGEROUS OBSESSION (wo ein von einer Frau gefangengehaltener Dieb sich letztlich in sie verliebt). Interessant dabei, daß diese sexuelle Kraft nur manchmal zerstörerisch wirkt (wie in PAPAYA, wo sie zumindest für die Männer im Tod endet), viel öfter aber transformative Auswirkungen hat - in PAPAYA wird Sara zur Verbündeten und Schülerin der Titelfigur, wie auch in den anderen genannten Beispielen die Figuren eine Wandlung durchmachen, nachdem sie mit der jeweiligen "Liebesgöttin" in Kontakt gekommen sind (in DAS TESTAMENT DER BEGIERDE kann Sarah Asproon sogar einen Mann von seiner Impotenz befreien!).

Kehren wir zur praktischen Ebene zurück: Wer einen Menschenfresser-Reigen erwartet, sollte sich lieber den Filmen der Konkurrenz zuwenden. Wer einen leicht exotisch angehauchten Softsex-Urlaub sehen will, wird schon eher fündig - sollte sich aber vorher fragen, ob ein paar Innereien und ein paar Leichen das Vergnügen nicht vielleicht zu sehr ausbremsen. In Fragen des Atomprotests kann PAPAYA aber natürlich uneingeschränkt gefeiert werden. Auf zum nächsten D'Amato-Film!







Papaya - Die Liebesgöttin der Cannibalen (Italien 1978)
Regie: "Joe D'Amato" (= Aristide Massaccesi)
Buch: Roberto Gandus
Musik: Stelvio Cipriani
Darsteller: "Melissa" (= Melissa Chimenti), Sirpa Lane, Maurice Poli, Dakar

Das Bild des Filmplakats wurde mit freundlicher Genehmigung der Samuel Owen Gallery verwendet, wo man das gute Stück auch käuflich erwerben kann.

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[Film] Man-Eater (Der Menschenfresser) (1980)

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Es hilft, wenn man sich mit der Materie auskennt, über die man einen Film macht. So auch im Falle des berüchtigten Splatterstreifens MAN-EATER, dessen Regisseur Joe D'Amato nachweislich etwas von Innereien versteht: Immerhin hat der gute Mann nicht nur die Kannibalismus-Sause NACKT UNTER KANNIBALEN inszeniert, sondern auch schon in dem lieblichen Streifen SADO - STOSS DAS TOR ZUR HÖLLE AUF die herzerwärmende Geschichte eines jungen Mannes erzählt, der seine verstorbene Freundin ausweidet und in ausgestopfter Form zu sich ins Bett legt. MAN-EATER (im Original ANTHROPOPHAGUS, manchmal auch ANTROPOPHAGUS oder ANTHROPOPHAGOUS) gibt schon gleich mit dem Poster die geschmackliche Marschrichtung vor: Da futtert ein nicht ganz gesund aussehender Herr sich selbst auf. Es überrascht also kaum, daß der Streifen in England auf der Liste der gefürchteten "Video Nasties" landete und in Deutschland flugs beschlagnahmt wurde. Viel erstaunlicher ist folgende Feststellung: Hinter dem semi-legendären Gedärmehappening verbirgt sich ein durchaus atmosphärischer Horrorstreifen.

"Dieser Film ist so entsetzlich, daß Sie ihn in Ihrem Leben nicht mehr vergessen werden", trommelte das deutsche Kinoplakat - was natürlich hemmungslos übertrieben ist. Dennoch hat dieses Werbegeklapper bestens funktioniert: ANTHROPOPHAGUS war höchst erfolgreich und darf nach wie vor mit dem Versprechen einer grenzwertigen Terrorerfahrung Zuseher anlocken. D'Amato, ganz Geschäftsmann, legte daher auch prompt nach: Nur ein Jahr später erschien der Slasherstreifen ABSURD - der in manchen Territorien als ANTHROPOPHAGUS 2 verkauft wurde, auch wenn er mit diesem Film hier nur den Darsteller des Killers gemein hat.


Beginnen tut's wie jeder brave Slasher mit einer Monsterattacke zur Einstimmung: Ein deutsches Touristenpaar flaniert den Strand entlang, sie geht schwimmen, er legt sich mit Walkman in die Sonne. Nur wenige Momente später wird die Frau im Wasser angeknabbert, während der Mann Bekanntschaft mit einem Hackebeil macht. Beides reißt den Horrorfreund kaum vom Stuhl - aber es zeugt von einem durchaus effektiven Witz, wie die Unterwasserkamera zunächst der Frau nachstellt wie im Haifischfilm, die POV-Kamera aber dann nur ein paar Sekunden später aus dem Wasser steigt und mit tropfendem Blut den Strand entlangstapft.

Nur wenig später lernen wir unsere tatsächlichen Protagonisten kennen, die mit dem Boot einen kleinen Ausflug zu einer abgelegenen kleinen Insel bei Griechenland machen - weil eine aus der Gruppe bei einem dort wohnenden Ehepaar quasi als Au-Pair arbeitet. Wir verbringen ein wenig Zeit damit, mit den Jungs und Mädels über das Meer zu schippern, und dann verbringen wir noch ein bißchen mehr Zeit damit, mit der Gruppe die fast menschenleere Insel zu erkunden. Auch wenn dieser Part des Films zunächst mal ein wenig Geduld erfordert - so spannend sind die Figuren nicht, so flott geht's nicht zur Sache - nutzt D'Amato die verlassene Stadt für eine befremdliche Grundstimmung, die er durchaus auszukosten versteht.


Auch wenn die Stadt - abgesehen von einer unheimlichen Frau in Schwarz, die durch die Straßen huscht - ausgestorben ist und unsere Touristen in einem Haus eine modernde Leiche finden, macht sich die Gruppe doch auf zum Haus des erwähnten Ehepaares. Derweil hat sich das mordende Ungeheuer der beiden auf dem Boot Zurückgebliebenen angenommen und flugs den Anker gelichtet - weshalb unsere Freunde die Insel nun nicht mehr verlassen können. Den Rest des Streifens hat unser titelgebender Man-Eater also alle Hände voll zu tun, die Cast zu dezimieren ...

Nein, originell ist das kaum, was D'Amato hier auffährt, und aufwendig gemacht schon gar nicht: MAN-EATER ist ein flott heruntergekurbelter B-Horrorstreifen, dessen garstige Reputation auf ein paar wenigen Gore-Sequenzen ruht. Von denen haben vor allem zwei dafür gesorgt, daß auch über 30 Jahre später noch immer Bluthunde auf der Jagd nach möglichst explizitem Stoff den altgedienten ANTHROPOPHAGUS besichtigen: In einer Szene reißt der Man-Eater einer schwangeren Frau den Fötus aus dem Leib und beißt herzhaft hinein - abgefilmt in einer einzelnen Totalen und stark verdeckt durch den Killer selbst, weshalb man weitaus weniger sieht, als fürhin behauptet wird. Und in der Schlußsequenz greift der verwundete Man-Eater nach seinen eigenen Innereien und macht dann das, was man auf dem Poster sieht. Jenseits der Tabubrüche werden Splatterfreunde aber wohl nicht ganz warm werden mit MAN-EATER: So kübelweise fließt das Blut dann doch nicht, und so mancher Effekt war schon damals billig gemacht und wirkt mehrere Dekaden später umso klappriger. (Das heißt freilich nicht, daß der Film demnächst die FSK-12-Freigabe erlangen wird.)


Und doch hat ANTHROPOPHAGUS (der in Amerika eher unter dem Titel THE GRIM REAPER bekannt ist) einen gewissen Reiz: Die Sache kommt zwar nur langsam in Fahrt, kann aber dafür atmosphärisch die einzelnen Sequenzen ausreizen - sei es der erwähnte Gang durch die menschenleere Stadt, das Schleichen durch das finstere Haus oder der Weg durch eine Gruft. Interessanterweise ist MAN-EATER einer der wenigen Filme, bei denen D'Amato nicht selbst Kamera geführt hat: Als Kameramann fungiert hier Enrico Biribicchi, der bei einigen D'Amato-Streifen als Operator dabei war. Seine Bildarbeit ist schnörkellos und in den Außenszenen auch kaum Applaus wert - in den Innensequenzen aber kann er manche Szene mit stimmungsvollen Schatten und nur spärlich eingesetztem Licht interessant gestalten. Da gibt es zum Beispiel einen gelungenen Moment, in der ein sonst dunkles Zimmer immer nur kurz von aufleuchtenden Blitzen erhellt wird, und die Kamera schwenkt durch den Raum und zeigt uns dann den Killer, der in einer Ecke lauert.

Darüber hinaus entwickelt der krude gestaltete Streifen mit der Zeit eine gewisse Effektivität: Im letzten Drittel zieht das Tempo ordentlich an, und D'Amato treibt die Sache handwerklich durchaus gekonnt auf seinen Höhepunkt hin. Weil man beständig wüste Blutorgien erwartet und der Film mit einigen geschickt gesetzten Schocks punktet, wird man letztlich doch ordentlich in die Sache hineingezogen. Daß sich das Monster im klassischen Horrorstil als eigentlich tragische Figur entpuppt, gibt dem sonst so nihilistischen Flair des MAN-EATERs dann doch eine gewisse traditionelle Note - und der Schluß funktioniert damit gleichermaßen als bizarre Konsequenz dieser Tragik wie auch als schwarzhumoriger Kommentar zum Italo-Horror, der sich zur Entstehungszeit des Films mit immer drastischeren Effekten quasi selber ausweidete. Und da sind wir ja wieder bei einem Thema, mit dem sich Joe D'Amato ausgiebig auskannte ...








Man-Eater (Der Menschenfresser) (Italien 1980)
Originaltitel: Anthropophagus
Alternativtitel: Antropophagus / Anthropophagous / The Grim Reaper
Regie: "Joe D'Amato" (= Aristide Massaccesi)
Buch: Aristide Massaccesi, "Louis Montefiori" (= Luigi Montefiori)
Kamera: Enrico Biribicchi
Musik: Marcello Giombini
Darsteller: Tisa Farrow, Saverio Vallone, "Vanessa Steiger" (= Serena Grandi), "Margaret Donnelly" (= Margaret Mazzantini), Mark Bodin, Bob Larson, Rubina Rey, "George Eastman" (= Luigi Montefiori), Zora Kerova

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[Film] The Massacre (1989)

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Ach je, was für ein armseliges kleines Filmchen. MASSACRE (der nur bei uns den bestimmten Artikel im Titel hat, also THE MASSACRE) ist ein italienischer Billigslasher aus dem Jahr 1989, dessen Alleinstellungsmerkmal der Name Lucio Fulci ist: Der Horrormeister brauchte nämlich Ende der Achtziger Geld und ließ sich überreden, einige Filme unter seinem Namen zu "präsentieren" - darunter Gianni Martuccis hier schon besprochene Schlaftablette THE RED MONKS (wo Fulci seinen Namen später vergeblich zurückziehen wollte), Enzo Milionis Horrorfilm FUGA DALLA MORTE, Leandro Lucchettis Splatterwerk SNAKE HOUSE und natürlich dieses mickrige Massaker. Regie führte Andrea Bianchi, zu dessen wohl bekanntesten Filmen seine narrativ schlicht gehaltene, aber höchst unterhaltsame Etrusker-Zombiesause DIE RÜCKKEHR DER ZOMBIES sowie der Giallo DER UNBEKANNTE KILLER (mit dem schönen englischen Titel STRIP NUDE FOR YOUR KILLER) gehören.

Schon zu Beginn sehen wir einen Psychopathen mit Messer, Axt und verspiegelter Sonnenbrille, der einer Prostituierten im roten Kleid erst die Hand und dann den Kopf abhackt. Für die nächste Dreiviertelstunde war's das aber erst einmal mit Aufregung und Blut und Horror und so: Wir schauen ab sofort nämlich einer Filmcrew zu, die einen angeblichen Horrorfilm namens "Dirty Blood" dreht. Das Abendessen der (zahlenmäßig sehr überschaubaren) Mannschaft ist angespannt: Der Produzent wettert, daß alles zu teuer ist, der Regisseur schwingt prätentiöse Reden, ein Darsteller befummelt unter dem Tisch die Regieassistentin, und der Drehbuchautor schlägt über den Vorschlägen des Regisseurs die Hände über dem Kopf zusammen ("Alles scheiße!"). Sprich: Ein ganz normales Filmset also.


Aber hören wir uns doch mal an, was der werte Regisseur seinem Team da für Ideen auftischt:

[M]eine Überzeugung ist, daß sich heutzutage keiner mehr mit Filmen dieser Art, also mit dem Geist der Dreißiger Jahre, auseinandersetzen kann - weil unsere Generation genau weiß, was Horror bedeutet. Außer den Grausamkeiten des Krieges hat uns das Kino auch Zombies und andere monströse Kreaturen geschenkt. Daraus ergibt sich, daß heute auch ein Analphabet alles über Horror und Terror weiß. Wenn wir also unser Publikum richtig in Angst versetzen wollen, müssen wir uns meiner Meinung nach an die Wirklichkeit halten. Wir dürfen uns nicht der Vorstellung hingeben, daß Phantasien Wahrheiten beinhalten. Deshalb glaube ich, daß uns nichts anderes übrigbleibt, als die Wirklichkeit auszuschöpfen. Wir müssen die Urangst der Menschen wiedererwecken.

Ja, das klingt doch soweit gut. Und wie wird also nun der Horror realistisch?

Also, Voodoo, Sabba, Parapsychologie, Spiritismus sind keine Erfindung! Deshalb will ich einige Sequenzen mit Hilfe eines Mediums nochmal neu drehen. Ich will den Neorealismus in diesem Film anwenden. Ich halte diese Entscheidung für äußerst wichtig, denn keiner von euch hat je an einer authentischen spiritistischen Sitzung teilgenommen. Normalerweise setzt sich ein Medium nur mit Experten aus diesem Bereich auseinander. Ich habe für morgen die beste aus dem Bereich Magie hierherbestellt. Diese Person ist nicht nur ein außerordentliches Medium - sie hat auch noch verschiedene Texte über Parapsychologie und Schwarze und Weiße Magie geschrieben. Diese Wissenschaft fängt mit dem griechischen Philosophen Anaximenes an und findet ihren Höhepunkt im kollektiven Unterbewußtsein von Jahn.

Ähm ... ja. Gut. Dann ist ja alles klar.


Die Spiritistin kommt also und hält eine kleine Messe ab - angeblich im örtlichen Tennisclub (schauder!), in Wahrheit aber auch nur wieder in so einem öd und leer ausgestatteten Zimmer wie die ganzen anderen Räume, in denen sich der Film zu großen Teilen abspielt. Leider erweckt die übersinnlich begabte Madame versehentlich einen bösen Geist namens "Jack der Schlächter", den sie als "regelrecht ruchlos" bezeichnet. Zur Geistererweckung wacht übrigens auch der Kameramann des Films auf und dreht und wackelt an seinem Gerät, als gäbe es kein Morgen - schön ist vor allem der Effekt, wie er ständig schnell an die Leute herangeht und wieder zurückgeht; viel schöner aber ist freilich der Gesichtsausdruck der Spiritistin, die mit aufgepusteten Backen und schielenden Augen packendsten Neorealismus in die Beschwörung bringt.

Fortan schleicht also nun ein Killer durch das Geschehen, dessen Gesicht wir nicht sehen - und der irgendwie auch nichts mit dem sonnenbebrillten Psycho vom Vorspann zu tun hat. Macht fast gar nichts: Der neue Kollege ist auch nicht untätig und entledigt sich nach und nach der Filmcrew, die ja ansonsten eh nur dumm im Bild herumsteht. Wobei - manchmal drehen die Neorealisten ja dann doch weiter an ihrem Film. Wo eine anfängliche Szene noch darauf hindeutete, daß in "Dirty Blood" Dämonen und andere fiese Monster vorkommen, resultiert der Authentizitätsanspruch später darin, daß beständig Szenen mit einem schwulen Crossdresser gedreht werden, der wahlweise als Marilyn Monroe oder Marlene Dietrich vor dem Spiegel herumhüpft.


Erwähnenswert ist vielleicht noch der Polizeichef, der von Jess-Franco-Veteran Paul Muller gespielt wird und mit den Ermittlungsmethoden seines Oberinspektors nicht ganz einverstanden ist. Der stellt nämlich diverse Polizisten ab, um das Hotel zu bewachen, in dem die Filmcrew untergebracht ist und in dem schon zwei Morde geschehen sind. Das findet der Polizeichef aber völlig übertrieben: "Es gibt auf der Welt nicht nur dieses eine verdammte Hotel in diesem Land! Es ist schon absurd, daß der Verrückte zweimal am selben Ort zugeschlagen hat! Willst du mir jetzt sagen, daß es auch noch ein drittes Mal geben wird?" Der nette Inspektor klärt dann seinen Chef noch darüber auf, daß die Tatwaffe in beiden Fällen mittlerweile identifiziert wurde: Die Leute wurden mit einem Eispickel umgebracht. Das interessiert den aber auch nicht: "Und das nennst du einen Hinweis??" Wir sehen: Gegenüber anderen Filmen wurde die Polizeiarbeit hier also in höchstem Realismus eingefangen.

Auch wir sollten beim Betrachten von MASSACRE realistisch bleiben: Der Film ist nämlich nicht so richtig gut. Es ist die Art von Film, wo fade Schauspielnulpen in noch faderen Zimmern herumstehen und kompletten Plunder reden. Es ist die Art von Film, wo über die rosa Blümchentapete flugs mal ein Stadtplan gehängt wird, um den Raum als Polizeihauptquartier zu verkaufen. Und es ist die Art von Film, wo sich die Frauen gerne nackt zeigen und trotzdem jeder Zuseher wegpennt.

Immerhin, für Fulci hatte der Deal - abgesehen vom Geld - doch noch einen Nutzen: Für sein Splatterepos NIGHTMARE CONCERT konnte er diverse Mordszenen aus all den von ihm "präsentierten" Streifen wiederverwenden. Und das hat wiederum für uns einen gewaltigen Vorteil: Man muß die Filme drumherum nicht extra durchstehen.







The Massacre (Italien 1989)
Originaltitel: Massacro
Alternativtitel: Massacre / La morte della medium
Regie: Andrea Bianchi
Drehbuch: Andrea Bianchi
Kamera: Silvano Tessicini
Musik: Luigi Ceccarelli
Darsteller: Gino Concari, Patrizia Falcone, Silvia Conti, Pier Maria Cecchini, Robert Egon, Paul Muller, Maurice Poli

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[Film] Big Snuff (1976)

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Das ist kunstvolles Klappern: Ohne das brillant unverschämte Marktgeschrei von Produzent Allan Shackleton würde dieser billigst produzierte Streifen heute nicht einmal mehr mich hinter dem Ofen hervorlocken. Stattdessen wurde SNUFF (nur in Deutschland wurde daraus ein BIG SNUFF, von Verleiher Alois Brummer als "vom FBI verboten und in allen Staaten der USA gejagt" angepriesen) zu einem legendären Grindhouse-Schocker, der Verbote, Gerichtsverhandlungen und Demonstrationen nach sich zog - und damit natürlich zu einer langlebigen Gelddruckmaschine wurde.

Ursprünglich war SNUFF (der auch unter dem völlig sinnfreien Alternativtitel AMERICAN CANNIBALE erschien) ein 1971 in Argentinien gedrehter Exploitation-Streifen: Die Eheleute Michael und Roberta Findlay filmten dort für ein überschaubares Budget von $30.000 einen Reißer namens SLAUGHTER, in dem ein Manson-hafter Sektenführer seine ihm hörigen mordlüsternen Mädels zu diversen Gewalttaten anstachelt. Der US-Verleiher Shackleton ließ den nur in Südamerika veröffentlichten und flugs wieder vergessenen Streifen jedoch einige Jahre im Giftschrank - das Produkt erschien ihm nicht nur wegen der horrenden englischen Synchronisation zu mangelhaft, um es gewinnbringend herausbringen zu können. Dann aber las er 1975 einen Zeitungsartikel über angebliche südamerikanische Snuff-Filme - sprich: Filme, in denen reale Morde gezeigt werden - und machte sich daran, SLAUGHTER entsprechend aufzupeppen: Das ursprüngliche Ende wurde gegen ein neu gedrehtes ausgetauscht, in der eine Filmcrew eine Frau vor laufender Kamera umbringt; unter neuem Titel und entsprechender Werbekampagne suggerierte der Film also nun, daß es dort eine echte Tötung zu sehen gäbe (die behauptete Authentizität des Materials wurde auch damit unterstrichen, daß der Film keinerlei Credits hat). "The film that could only be made in South America ... where life is cheap!", trommelte das Plakat. Angeblich organisierte Shackleton der Sicherheit halber auch noch einige Proteste gegen seinen eigenen Film - die prompt durch richtige abgelöst wurden und die morbide Neugier des Publikums gehörig anstachelten.


So kann man SNUFF also als zwei separate Teile betrachten, die rein gar nichts miteinander zu tun haben - und ohne das (von einem anderen Regisseur, angeblich Simon Nuchtern, gedrehte) neue Ende bliebe der Film wohl ein Bahnhofskino-Quickie, wie es derer hunderte gab. Die Story um die mörderische Sekte und ihre verschiedenen Opfer ist schnörkellos heruntergekurbelt und zeugt an allen Ecken und Enden vom nicht vorhandenen Budget. Die englische Synchro ist in der Tat von holprigster Qualität - nicht nur, weil der Sektenführer aus einem nicht ganz ersichtlichen Grund immer mit fünfmal soviel Hall spricht wie alle anderen Figuren - und immer wieder gerät die Mixtur aus blanken Messern und ebensolchen Brüsten in inszenatorische Schwierigkeiten: Da ist nicht immer klar, wer gerade wen ansieht oder wer wo steht; die Geschichte stolpert dezent unmotiviert vor sich hin, und es erscheint auch nicht immer schlüssig, warum der Mann auf dem Bildschirm gerade umgebracht wird. Ach ja, und die Schauspieler - naja, sagen wir mal: Es sind nicht die besten, die man für kein Geld kriegen kann. Abgerundet wird der Spaß mit einer endlos langen Karnevalssequenz, die wohl der Streckung auf Spielfilmlänge dienen soll (was zugegebenermaßen bei EASY RIDER ja auch schon funktioniert hat - ein Film, der hier übrigens gleich zu Beginn inklusive Pseudo-Steppenwolf-Song "zitiert" wird).

Der billige C-Film-Charme stellt aber natürlich keine Überraschung dar; immerhin funktioniert die Angelegenheit als billiges Groschenheft mit ansehnlichen Darstellerinnen. Viel interessanter ist die Tatsache, daß SLAUGHTER sehr unverhohlen auf Massenmörder Charles Manson und seine "Family" anspielt: Der Sektenführer, der hier "Satán" (!) heißt, hat auf einem abgelegenen Hof (ähnlich Mansons Spahn Ranch) auch hier eine Reihe von verblendeten Quasi-Hippies und drogenkonsumierenden Gegenkulturellen um sich versammelt, von denen er absoluten Gehorsam einfordert und die er mit Ideologien anfüttert: In einer Szene konfrontiert Satán beispielsweise einen deutschen Waffenfabrikanten, der durch Verkäufe von Maschinengewehren im mittleren Osten reich geworden ist. Hinzu kommt, daß das letzte Opfer der Sektenanhängerinnen eine schwangere Schauspielerin ist - ganz ähnlich der echten Sharon Tate, die 1969 von Mansons Kult umgebracht wurde. Nun mag man dem Film - nicht ganz zu unrecht - eine gewisse Geschmacklosigkeit unterstellen, mit nur zwei Jahren Abstand diese schrecklichen Ereignisse für einen billigen Sex-und-Gewalt-Reißer aufzugreifen - aber gleichzeitig zeigt es, wie selbst schnell produzierte Filmprodukte Zeitgeist und Zeitgeschehen einfangen können. Immerhin sind die B-Movies meist die ersten Produktionen, die sich - freilich größtenteils höchst plakativ - mit tatsächlichen Problematiken auseinandersetzen und damit den Weg für größere, "seriösere" Filme ebnen.


Werfen wir noch einen Blick auf den Teil, der SLAUGHTER zu SNUFF werden ließ: Die nur fünf Minuten lange Endsequenz, in der das angebliche SLAUGHTER-Filmteam nach Drehschluß noch den Mord an einem weiblichen Crewmitglied dreht. Das hat freilich keinerlei narrative Zusammenhänge mit den vorangegangenen 74 Minuten Film, obwohl es eine gewisse Parallele zwischen der Sinnlosigkeit der Sektenmorde und der völlig unmotivierten Tötung der Assistentin gibt. Die drastische Sequenz hat durch ihren Sadismus und ihre sehr expliziten Effekte natürlich eine gewisse Wirkung - warum aber Zuseher die Bluttat für echt gehalten haben könnten, läßt sich selbst mit historischem Rückblick schwer nachvollziehen: Das fängt schon bei vielen offensichtlichen Schnitten zwischen verschiedenen Kameraperspektiven an und hört bei der Tatsache, daß ein eben noch abgeschnittener Finger drei Einstellungen weiter plötzlich wieder vorhanden ist, noch lange nicht auf. Freilich lassen sich Effekte heute leichter erkennen als damals, weil wir geschulter im Blick sind und heute noch viel überzeugender tricksen können - dennoch erscheint der Gedanke nicht abwegig, daß die Gerüchte über die angebliche Echtheit hauptsächlich von Menschen weitergetragen wurden, die den Film nie gesehen haben. Ein eingeschalteter Staatsanwalt jedenfalls gab nach Sichtung des Films zu Protokoll, daß die Mordszene eindeutig gestellt sei, was für jeden offensichtlich erkennbar sei, der sich die Sequenz anschaut.

Fast ungewollt wird SNUFF mit dieser Szene und der dadurch angestachelten Sensation zu einer Reflexion über die Mechanismen des (Exploitation-)Kinos und unserer Rolle darin: Es ist nicht die Aussicht auf die Darstellung einer tatsächlichen Tötung, die uns hier anlocken soll, sondern die Möglichkeit einer solchen Abscheulichkeit, die theoretische Existenz solchen Filmmaterials - enttäuscht ist man hier ja nicht über die Tatsache, daß die Sequenz nun doch gestellt ist, sondern höchstens über die Qualität dieser Nachstellung (bzw. dem Mangel daran). Eine suggestive Werbekampagne wie die zu SNUFF (die ja nie behauptet, daß hier etwas echt sei, sondern nur die Gedanken in diese Richtung lenkt) funktioniert ja auch nur, weil sich so viele Menschen vom Nimbus des Verbotenen angezogen fühlen - vor allem in einem doch so sicheren Rahmen wie dem Kino, wo wir uns der Gefahr aussetzen und dennoch hinterher sicher nach Hause gehen können.





Big Snuff (Argentinien/USA 1971/76)
Originaltitel: Snuff
Alternativtitel: American Cannibale
Regie: Michael Findlay, Simon Nuchtern
Buch: Michael Findlay
Kamera: Roberta Findlay
Musik: Rick Howard
Produktion: Jack Bravman, Allan Shackleton
Darsteller: Mirtha Massa, Enrique Larratelli, Margarita Amuchástegui, Clao Villanueva, Ana Carro, Liliana Fernández Blanco, Aldo Mayo

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[Film] Stirb langsam - Ein guter Tag zum Sterben (2013)

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Mittlerweile ist es fast willkürlich, ob ein Bruce-Willis-Actionkracher den Titel STIRB LANGSAM tragen darf oder nicht - wenn Bruce sich bei der großflächigen Zerstörung von Gebäuden, Autos, Hubschraubern, Flugzeugen, Flughäfen, Straßen und sonstiger Urbanität mit dem Namen "John McClane" anreden lassen kann, wird der Spaß halt als DIE-HARD-Sequel etikettiert. Dabei hat die Reihe schon lange nichts mehr mit dem Originalfilm von 1988 zu tun, in der Willis als widerwilliger Held stets die letzten Reserven aktivieren mußte, um sein Ableben doch noch ein wenig aufzuschieben - ganz im Gegensatz zum unverwundbaren Übermenschen, zu dem er im Lauf der Jahre mutierte. Nachdem McClane im (außerhalb des Serienkontextes sehr vergnüglichen) vierten Teil mal eben einen fliegenden Helikopter mit einem mittels einer Rampe in die Luft geschossenen Autos vom Himmel holte und später mit schierer Willenskraft einen Dreißigtonner davon abhielt, von der Straße zu kippen, schickt man die personifizierte Destruktion diesmal nach Moskau, wo er sich aufopfernd um die amerikanische Außenpolitik kümmern darf. Viel bleibt von Rußland nicht über, was hinterher noch aufmucken könnte.

Auch wenn McClane hier beständig quengelt, daß er sich eigentlich im Urlaub befindet - da will man wohl an die ersten zwei Teile anknüpfen, wo McClane eigentlich nur Weihnachten mit seiner Familie feiern wollte, anstatt Terroristen zu bekämpfen - ist er doch in Wahrheit in Moskau, um seinen mißratenen Sprößling wieder auf die richtige Bahn zu lenken. Der steckt nämlich wegen eines Attentats in Schwierigkeiten, das er im Auftrag des Gefangenen Komarov ausgeführt hat. Nach ausgiebigster Verwüstung der Moskauer Infrastruktur muß McClane Senior allerdings feststellen, daß sein Sohnemann eigentlich für die CIA arbeitet und Komarov hilft, um an ein wichtiges Geheimdokument zu kommen.


STIRB LANGSAM im komplexen Spionagegeflecht? Ach was! Was in diesem begehrten Dokument stehen könnte, wird hier ebenso unter den Teppich gekehrt wie die politischen Verstrickungen, die so ein Undercover-CIA-Einsatz vielleicht andeuten könnte. Entsprechend kurz werden diese Handlungsstützen auch abgefrühstückt, damit der Film möglichst schnell von Krawall zu Krawall kommen kann: Finsteres Ausländerpack tritt mit üblem Schurkenplan auf denselbigen und wird generationenübergreifend vom McClane-Clan an den ihnen zustehenden Platz in der Weltordnung erinnert. Hoffen wir mal, daß sich Mütterchen Rußland hinterher auch dankbar zeigen wird.

Schon seit Beginn der Reihe war die Action um McClane gerne als überlebensgroßer Schauwert konzipiert - auch wenn sich Teil 1 noch um einen gewissen Realismus bemühte (Glasscherben schmerzen, wenn man barfuß darüber gehen muß!) und Teil 2 seinen Held mit der Kraft der Verzweiflung dem Wahnwitz die Stirn bieten ließ. Mittlerweile hat der Radau aber rein gar nichts mehr mit den Gesetzmäßigkeiten der Welt zu tun, in der wir leben: Was McClane hier aufführt und ohne Kratzer überlebt, läßt Bond, Bauer und Bourne wie blutige Amateure aussehen. Ein ums andere Mal stürzt McClane mehrere Stockwerke in die Tiefe und mildert den Aufprall wahlweise mit einem Baugerüst oder einem toten Terroristenkörper; bei der Hetzjagd durch Moskau brettert er mit seinem Jeep von einer Brücke und verfolgt sein Ziel über die Dächer von verschiedenen Lastwägen und zersplitternden Kleinwägen weiter, während er nebenher noch mit seiner Tochter telefoniert. So spaßig die Over-the-Top-Schrottarbeit auch für sich betrachtet ist und so technisch aufwendig sie auch inszeniert sein mag - es wundert kaum, daß die McClane-Fans angesichts solcher Phantastik die Hände über dem Kopf zusammenschlagen.


Den Höhepunkt der Absurdität erreicht der Film dann aber im letzten Drittel: Da führt die Spur der Verbrecher nämlich nach Tschernobyl (die Strecke von Moskau bis Tschernobyl wird von den McClanes per Auto in wenigen Stunden zurückgelegt), wo die Radioaktivität von den Schurken flugs mit einem handlichen Saugpuster beseitigt wird - offenbar wird dabei ein Gas in die Atmosphäre geblasen, das die Strahlung neutralisiert, aber eventuell wird der ganze radioaktive Dreck auch einfach nur vakuumverpackt entsorgt. Praktisch, wenn man seine Hauptfiguren nicht das ganze Finale über mit unansehnlichen Strahlenschutzanzügen herumlaufen lassen will - und gleichzeitig unverzeihlich, daß dieses Gerät bislang noch keine offizielle Anwendung fand!

Sicherheitshalber - schließlich müssen die McClanes feststellen, daß Komarovs Plan auf die Vorräte von waffenfähigem Uran in Tschernobyl abzielte! - wird der ganze Komplex zum Schluß gleich nochmal in die Luft gejagt. Davor darf McClane Senior noch mit einem Truck aus einem Helikopter springen, selbiger Helikopter stürzt sich in Kamikazeabsicht ins Gebäude, und die McClanes springen - mal wieder - mehrere Stockwerke tief in ein Wasserreservoir, das sie vor der gewaltigen Explosion und den herumfliegenden Hubschrauberwrackteilen schützt. Nachdem der Strahlungssaugblaser sich wohl nicht auf das Wasser ausgewirkt haben dürfte, hoffen wir einfach mal, daß Vater und Sohn McClane bis Teil 6 der Reihe ihre ganzen Cherotherapiesitzungen schon hinter sich gebracht haben.




Stirb langsam - Ein guter Tag zum Sterben (USA 2013)
Originaltitel: A Good Day to Die Hard
Regie: John Moore
Drehbuch: Skip Woods
Darsteller: Bruce Willis, Jai Courtney, Sebastian Koch, Mary Elizabeth Winstead, Yuliya Snigir, Cole Hauser

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[Film] The Last Stand (2013)

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Schaffen wir es, über das Schwarzenegger-Vehikel THE LAST STAND zu sprechen, ohne es zum "Comeback" zu deklarieren? Ach, plagen wir uns doch nicht unnötig ab: Nachdem Arnold acht Jahre lang in Kalifornien den Gouverneur gespielt hatte, konnte er sich nach Ende der Amtsperiode wieder anderen Rollen zuwenden; sein Mitwirken in THE EXPENDABLES 2 war dabei noch eine quasi dem Gastauftritt in Teil 1 geschuldete Ensemblearbeit, aber mit THE LAST STAND tritt der mittlerweile 65-jährige ehemalige Bodybuilder wieder alleine ins Rampenlicht - immerhin zehn Jahre nach seiner letzten Hauptrolle (TERMINATOR 3).

Schwarzenegger spielt hier den Sheriff einer verschlafenen Kleinstadt nahe der mexikanischen Grenze; einst als Cop im Drogendezernat von Los Angeles tätig, sucht der Mann hier nun eher die Ruhe fernab jeglicher Gewaltverbrechen: In Sommerton Junction muß man sich höchstens mal um einen Falschparker kümmern. Und natürlich kommt es, wie es kommen muß: Der Drogenbaron Cortez bricht aus und will mit seiner kleinen Privatarmee über die Grenze flüchten - und dafür muß er natürlich durch eben diese Kleinstadt, in der der Sheriff mit einer kleinen Handvoll mehr oder weniger geeigneter Deputies als letzter Wachposten fungiert ...


Machen wir uns nichts vor: Weitaus interessanter als die Geschichte ist bei THE LAST STAND, inszeniert vom Koreaner Kim Jee-woon, natürlich erstmal die Frage, was der alte Haudegen Schwarzenegger für eine Figur macht. Immerhin hat die Vorarbeit von Stallone und wohl auch Bruce Willis schon den Weg geebnet für die alternden Heroen des Actionfilms: Es ist heute schon keine Seltenheit mehr, harte Burschen jenseits der 50 und jenseits der 60 durch Actionspektakel zu schicken, wie sie sie Dekaden zuvor schon durchstehen mußten. So darf auch Schwarzenegger im Pensionsalter wieder die Waffen schwingen, wilde Hetzjagden hinlegen und üblen Unsympathen mit harten Faustkämpfen die Verwerflichkeit ihres Tuns erläutern - und das macht er vielleicht nicht mehr mit der unnachgiebigen Härte wie damals, aber immer noch überzeugend genug, um nach wie vor als "steirische Eiche" durchzugehen. Wenn auch mit Eastwoodschem Augenzwinkern: "How are you, Sheriff?", fragt ein Stadtbewohner Schwarzenegger, der gerade unsanft durch ein Fenster geflogen ist. "Old", keucht der, während er sich aufrappelt.

Und ja, auch wenn Modus und Körperlichkeit der Rolle eng an Schwarzeneggers frühere Filme anknüpfen, bleibt das fortschreitende Alter nicht unsichtbar - was diesem Mann, der letztes Endes nicht nur im TERMINATOR gerne mal eine pure Maschine gespielt hat, eine ungewohnte und interessante Komponente gibt: Mit seinen Falten wirkt Arnold jetzt gewissermaßen menschlicher als früher. Vielleicht konnte sich Schwarzenegger ja auch in genau dieser Rolle wiederfinden: Der einstige Actionheld, der sich aus dem Metier zurückgezogen hat und jetzt noch einmal unter Beweis stellen muß, daß er noch nicht zum alten Eisen gehört. "You don't give up easy", sagt zum Schluß ein FBI-Agent zu Arnold, und der antwortet mit ernster Miene: "This is my home." Man hat das Gefühl, daß Schwarzenegger da nicht nur in der Rolle redet.


Drumherum ist THE LAST STAND ein vergnüglicher Actionspaß - tough und brutal in seinen mitunter fast westernhaften Auseinandersetzungen, etwas ironisch und absurd dazwischen. Jee-woons Inszenierung hat eine spürbare Kraft und produziert viel Adrenalin; es schadet auch kaum, daß Schwarzenegger von einem feinen Schauspielensemble umgeben ist, bei dem vor allem Peter Stormare als widerlicher Killer ganz in seiner Rolle aufgeht. Ein bahnbrechender Action-Meilenstein ist nicht daraus geworden, ein riesiges Event-Movie ebensowenig - THE LAST STAND kümmert sich hauptsächlich darum, Arnold zurück in den Ring zu werfen. Und das macht der Film mit Wirkung: Ich freue mich jedenfalls schon auf Arnies nächsten Äktschnfüm.




The Last Stand (USA 2013)
Regie: Kim Jee-woon
Drehbuch: Andrew Knauer
Musik: Mowg
Darsteller: Arnold Schwarzenegger, Forest Whitaker, Peter Stormare, Eduardo Noriega, Luis Guzmán, Jaimie Alexander, Johnny Knowville, Rodrigo Santoro, Genesis Rodriguez, Harry Dean Stanton
FSK: 18 (uncut), 16 (geschnitten)

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[Film / Promotion] Man of Steel (2013)

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(Inhalt "sponsored by Warner Bros. Pictures").

Seit einiger Zeit schon wird der neue Superman-Streifen MAN OF STEEL angekündigt, und auch wenn meine Superhelden-Begeisterung nach genau abgezählten 575647653 Filmen etwas ermüdet ist, wird dieser neue Stahlmann ganz sicher mit hellwachem Auge begutachtet. Drei Gründe, warum ich auf MAN OF STEEL gespannt bin:

1) Ich finde Zack Snyder, nicht zuletzt dank SUCKER PUNCH, einen visuell sehr interessanten Regisseur. Keine Ahnung, was er uns inhaltlich erzählen will (immerhin weckt eine Interviewaussage, in der er fragt, wie die Werte von einem Dreißiger-Jahre-Helden wie Superman in die Jetztzeit passen, ein gewisses Interesse), aber rein stilistisch wird das Ganze wohl eine lohnenswerte Angelegenheit.

2) Christopher Nolan hat nicht nur produziert, sondern auch an der Geschichte selbst mitgeschrieben. Nachdem Nolan schon aus der Batman-Story spannende Fragen und differenzierte Charakterzeichnungen herausgeholt hat, könnte seine Präsenz auch dem ansonsten als Figur ja etwas faden Clark Kent mit etwas Tiefgang auf die Sprünge helfen.

3) Kevin Costner spielt mit.

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[Film] Mutant - Das Grauen im All (1982)

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Der Weltraum, unendliche Weiten ... und ein nicht gar so unendliches Budget, weshalb es vom vielen All dann doch wieder nur ein paar düstere Korridore und einige Felsen im Sand zu sehen gibt. Und natürlich ein gar widerwärtiges Monster, das unglückselige Astronauten verspeist. Und wir sehen, was Ridley Scott bei seinem ALIEN in der ganzen Eile komplett vergessen hat: Möpse. Und wer sich von Monstern und Möpsen nicht gar so magisch angezogen fühlt wie ich, läßt sich vielleicht von dieser prägnanten Hintergrundinformation aus der IMDB auf die Couch locken:

This project was originally envisioned as an outer space version of LAWRENCE OF ARABIA by Allan Holzman. Roger Corman told him that the budget would be far too high, so Holzman eventually decided he wanted to do an ALIEN ripoff. Corman agreed to that.

Da kann man Regisseur Allan Holzman eine gewisse Flexibilität also nicht abstreiten! Holzman, der zuvor für Produzent Corman als Cutter für Epen wie CANDY STRIPE NURSES und SADOR - HERRSCHER IM WELTRAUM gearbeitet hatte, gab mit MUTANT - DAS GRAUEN IM ALL seinen Einstand als Filmemacher - obwohl er sich ein Jahr zuvor schon um einige zusätzliche Szenen des Phillipino-Kloppers NACKTE FÄUSTE - DIE TÖDLICHE KARATELADY kümmern durfte.

"Was ist denn mit meinem Auflauf passiert?"
Dr. Barbara Glaser (June Chadwick) im Kampf gegen den Glibber.

Worum geht es also in MUTANT - DAS GRAUEN IM ALL, dessen deutscher Titel tatsächlich etwas mehr Sinn macht als der Originaltitel FORBIDDEN WORLD? Also: Der Weltraumpilot Mike Colby (Jesse Vint, der hier ein bißchen wie ein junger Lance Henriksen aussieht) landet zusammen mit seinem Roboter Sam auf dem Planeten Xarbia, wo in einer Forschungsstation ein genetisches Experiment aus dem Ruder zu laufen droht. Aus dem freundlich pulsierenden Gewebe im Brutkasten wird urplötzlich ein schleimiges Viech, das harmlose Astronauten anspringt und zu blutiger Glibbermasse zersetzt. Colby kann sich also nicht mehr lange mit den beiden Forscherinnen Tracy (Dawn Dunlap, BARBARIAN QUEEN) und Barbara (June Chadwick, THIS IS SPINAL TAP) vergnügen - die, wie wir aus emanzipatorischen Gründen festhalten möchten, ihn verführen und nicht etwa umgekehrt, und das natürlich nacheinander und nicht gleichzeitig, was unromantisch wäre - sondern muß den Wissenschaftlern im Kampf gegen das stetig wachsende Untier helfen, das schon bald die Station ins Chaos stürzt.

Richtig, es beschleicht einen ein dezentes Déjà-Vu-Gefühl bei der Begutachtung dieses schönen Films. Und das nicht nur, weil das Monster-verknuspert-Menschen-in-dunklen-Korridoren-Prinzip seit ALIEN (und dann gleich nochmal seit dem Nachfolger ALIENS) gefühlte 97% der SciFi- und Horror-Produktion bestimmt hat: Unser Held Colby wird zu Beginn als Rabaukenkosmonaut à la Han Solo eingeführt, der statt eines knurrenden Langhaarriesens eben einen treudoofen Blechgesellen als Begleitung hat; selbiger Roboter trottet auch gleich zu Beginn durch rot ausgeleuchtete Korridore, die eigentlich direkt ins Herz von Kubricks 2001 führen sollten. Zum Aufwärmen gibt es eine Weltraumschlacht, die auch ein wenig an den KRIEG DER STERNE gemahnt - und offenkundig aus dem obengenannten Film SADOR - HERRSCHER IM WELTRAUM entlehnt wurde (im Sparen macht Corman eben niemand etwas vor). Diverse Sets wurden dagegen aus der Corman-Produktion PLANET DES SCHRECKENS recyclet. Man kann also kaum behaupten, daß bei der Erkundung des Weltraums hier hundertprozentige Terra Incognita beschritten wird.


Das macht aber fast wenig: Holzman und seine Jungs und Mädels mögen vertraute Genrekost abfrühstücken, aber die präsentieren sie dafür als unterhaltsames und technisch gar nicht unambitioniertes Paket. Aus Geldnot spielt sich zwar beinahe der komplett Film in düsteren und spärlich ausgestatteten Räumen und Korridoren ab, aber zusammen mit seinem Kameramann Tim Suhrstedt kitzelt Holzman aus dem Setting doch einen sehr ansprechenden Look heraus, der mit kreativer Auflösung und stimmungsvoller Beleuchtung überzeugt. Auch Holzmans Erfahrung als Cutter sorgt für interessant gestaltete Momente: Zu Beginn wird Colby aus dem Tiefschlaf geweckt, woraufhin eine schnell geschnittene Bildflut auf ihn (und uns) einströmt - alles Impressionen aus dem noch folgenden Film, was gleichzeitig als Teaser wie auch als reizvoller Desorientierungseffekt funktioniert.

Mit seiner knappen Laufzeit treibt MUTANT die Handlung flott voran - ohne sich dabei allzusehr abzuhetzen: Es bleibt eben doch noch Zeit für ein paar Möpse und eine zu wunderbar kosmischem Synthfunk zusammengestellte Sexszene. Beides natürlich Elemente, die vor allem im Vorbildfilm LAWRENCE VON ARABIEN fehlten! Aber da gab es ja auch keinen blutigen Gatsch und kein Tentakelmonster, das ein bißchen wie Audrey aus dem LITTLE SHOP OF HORRORS aussieht. Und weil es in LAWRENCE kein solches ungustiöses Alien gab, konnte es auch nicht wie hier mit einer vom Krebs zerfressenen Menschenleber zur Strecke gebracht werden. Die Leber stammt übrigens vom Stationsarzt, der den ganzen Film über mit zerzaustem Haar und blutbeflecktem Ärztekittel herumläuft und während des Mittagessens eine Zigarette raucht.

Auf Xarbia wird nicht nur Genetik, sondern auch Genderforschung
betrieben: Tracy Baxter (Dawn Dunlap) und Mike Colby (Jesse Vint)
stehen kurz davor, die Alienbedrohung ernstzunehmen.

Während ich das alles so aufschreibe, wird mir erst klar, wie wenig davon tatsächlich in LAWRENCE VON ARABIEN zu sehen war. So gesehen füllt MUTANT - DAS GRAUEN IM ALL freilich doch eine frappierende Lücken der Kinogeschichte. Sagen wir mal so: Mehr LAWRENCE VON ARABIEN in einem ALIEN-Ripoff gibt's eigentlich nur in PROMETHEUS.




Mutant - Das Grauen im All (USA 1982)
Originaltitel: Forbidden World
Regie: Allan Holzman
Buch: Jim Wynorski & R.J. Robertson (story), Tim Curnen (screenplay)
Produktion: Roger Corman
Kamera: Tim Suhrstedt
Musik: Susan Justin
Darsteller: Jesse Vint, Dawn Dunlap, June Chadwick, Linden Chiles, Fox Harris, Raymond Oliver, Scott Paulin, Michael Bowen, Don Olivera

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[Film] Ghosthouse 4 - Haus der Hexen (1989)

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Kartographieren wir einmal mehr das höchst verwirrende Land der Pseudofortsetzungen: Der hier besprochene GHOSTHOUSE 4 ist nämlich, das weiß ja ein jeder, keine Fortsetzung von GHOSTHOUSE 1-3, sondern ein Sequel zu rein gar nichts. Ein Noquel sozusagen. So gesehen paßt der Streifen natürlich in die Reihe, die nur im deutschen Sprachraum überhaupt eine ist, aber irritierenderweise gleich drei Filme vom selben italienischen Regisseur umfaßt: Der erste GHOSTHOUSE von Umberto Lenzi wurde ursprünglich als LA CASA 3 vermarktet, also als Sequel zu TANZ DER TEUFEL und dessen Fortsetzung (die im Italienischen die Titel LA CASA bzw. LA CASA 2 trugen), hatte aber natürlich rein gar nichts damit zu tun. GHOSTHOUSE 2 - DAS UNGEHEUER LEBT stammte eigentlich von Lamberto Bava und wurde auch als DEMONS III herausgebracht, stammt aber eigentlich aus einer Reihe von TV-Gruselfilmen, die Bava 1987 bzw. 1988 inszenierte. GHOSTHOUSE 3 - HAUS DER VERLORENEN SEELEN war dagegen wieder von Lenzi und gehört wie auch der vorliegende GHOSTHOUSE 4 zu einem Quartett von eigenständigen Fernsehhorrorfilmen, die sich um Spukhäuser drehen (die anderen beiden wurden von Lucio Fulci gedreht). Und somit gehört GHOSTHOUSE 4 ja dann doch irgendwie so ein bißchen zum vorigen Film. Also doch kein Noquel? Vielleicht ein Anthologiequel?

Egal. Immerhin rückt der Titel den Streifen noch eher in die richtige Richtung als der deutsche Alternativtitel, unter dem er ebenfalls erschienen ist: TOTENTANZ DER HEXEN II - wo doch jedes Kind weiß, daß der erste TOTENTANZ DER HEXEN eigentlich ein 1983 von Ulli Lommel inszenierter amerikanischer Schocker war! Aber lassen wir das mal mit den ganzen Namen, dem Schall und dem Rauch: Widmen wir uns doch ganz unverflugs dem vorliegenden Gruselhäuschen, in das uns Umberto hier locken möchte.


Dieses schöne Anwesen taucht schon seit einiger Zeit in den Träumen von Luke (Andy J. Forest, BRIDGE TO HELL) auf, die stets dem selben Muster folgen: Er hetzt durch einen Garten, im Hintergrund bellen die Hunde, und kommt dann in das offenstehende Haus - in dessen Küche er eine gar gruselige Hexengestalt im Kochtopf rühren sieht. Die lachende Alte mit dem schwarzen Zahn zieht dann unter der Anrichte seinen abgetrennten Kopf hervor und wirft ihn als Fleischbeigabe in die Suppe. Zur Feinabschmeckung mit Pfeffer, Salz und Petersilie kommt Luke leider nicht mehr, weil er schweißgebadet aus dem Albtraum aufwacht. Seiner Schwägerin Elsa (Susanne Martinková, GEHEIMKOMMANDO C.I.A.) erzählt Luke, daß er diese Träume hat, seit er mit seiner Frau Martha (Sonia Petrovna) verheiratet ist. Nur wenig später stellen wir fest, daß Martha immer finster guckt, schlafwandelt und bei einem Autounfall ungerührt vorschlägt, weiterzufahren, weil die Personen im anderen Wagen eh schon tot sind. Außerdem eröffnet Martha dem armen Luke, daß ihre Ehe im Eimer ist. Hmm ... könnte es eine Verbindung zwischen Lukes Träumen und Marthas merkwürdigem Verhalten geben? Puh, wer hält denn soviel Ungewißheit aus?

Um die Ehe zu retten, fährt Luke also mit Martha aufs Land - und schon entpuppt sich das von Martha gemietete Haus als exakt jenes aus Lukes Träumen! Dort lebt der alte, blinde Besitzer des Anwesens, Andrew Mason (Jess-Franco-Veteran Paul Muller), dessen Nichte Sharon (Marina Giulia Cavalli, DAS ALIEN AUS DER TIEFE) auch gleich noch angereist kommt. Und weil Luke weitere Albträume hat, in denen die garstige alte Hexe zum Beispiel einen Priester umbringt, und er schon am nächsten Tag der Beerdigung des Geistlichen beiwohnen darf, bittet er seine Schwägerin Elsa, doch lieber auch noch zu kommen - und die bringt gleich ihre Tochter Debra (Maria Stella Musy) mit. Wozu der große Tross an Nebenfiguren? Na klar: Damit nicht nur anonyme Statisten sterben müssen.


Eine recht freudianische Spukgeschichte also, die hier aufgefahren wird - wie so oft im italienischen Genrekino. Und wie auch schon bei seinem artverwandten GHOSTHOUSE arrangiert Lenzi seinen Hexenreigen als Abfolge von hübsch unwirklichen Unheimlichkeiten: Der wiederkehrende Traum, der langsam in die Realität sickert; blutende Blumen, die einen Tag blühen und am nächsten verdorrt sind; ein Kellerraum, in dem plötzlicher Schneefall eintritt; ein bizarrer Autounfall; die als weiße Gestalt durch die Nacht geisternde Somnambule - das sind interessante Einfälle und reizvolle Motive, die diesen Gothic Horror auch auf psychologischer Ebene funktionieren lassen.

Und doch will die Begeisterung nicht vollständig ausbrechen. Das Skript müht sich ein ums andere Mal ab, sämtliche phantastischen Vorgänge beständig zu erklären, zu kommentieren, zu etikettieren - wo viele der übernatürlichen Geschehnisse für sich genommen stimmungsvoll gewirkt hätten, werden sie beharrlich durch den nächsten banalen Wortschwall aus dem Reich des Rätselhaften gezerrt und verpuffen unter dem Geplapper. Es hilft freilich nicht, daß die Dialoge höchst expositorisch vonstatten gehen (Luke erzählt Elsa eingangs nicht nur, daß sie seine Schwägerin ist, sondern erinnert sie auch daran, daß sie seinen Bruder geheiratet hat, der bei einem Autounfall starb - und nein, Elsa ist nicht dement). Und ebensowenig hilft es, daß Hauptdarsteller Andy J. Forest nur minimal aufregender wirkt als ein Testbild zum Sendeschluß - wobei die Schlafmützensynchro zugegebenermaßen auch Jim Carrey und Jerry Lewis in die Grube gerissen hätte.


Rein handwerklich ist GHOSTHOUSE 4 (im Original übrigens LA CASA DEL SORTILEGIO, "Das Haus der Zauberei") durchweg sauber inszeniert - so kann man sich also aussuchen, ob man sich über die banalen Dialoge und das behäbige Tempo ärgert, oder ob man die durchaus schön gestalteten Momente dazwischen herauspicken will. Wobei das ein Dilemma darstellt, daß weder dem Lenzi-Kenner noch dem Italo-Genrefreund so richtig neu vorkommen wird ...




Ghosthouse 4 - Haus der Hexen (Italien 1989)
Originaltitel: La casa del sortilegio
Alternativtitel: Totentanz der Hexen II / The House of Witchcraft
Regie: Umberto Lenzi
Buch: Gianfranco Clerici & Daniele Stroppa (story), Umberto Lenzi (screenplay)
Musik: "Claude King" (= Claudio Simonetti)
Kamera: Giancarlo Ferrando
Darsteller: Andy J. Forest, Sonia Petrovna, Susanna Martinková, Marina Giulia Cavalli, Paul Muller, Maria Stella Musy, Alberto Frasca, Maria Clementina Cumani Quasimodo

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[Film / Promotion] Pacific Rim (2013)

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(Inhalt "sponsored by Warner Bros")

Der Blockbustersommer geht weiter: Nach Snyders MAN OF STEEL steht uns in Kürze das Kampfspektakel PACIFIC RIM von Guillermo Del Toro ins Haus. Es sieht im Trailer nach einer gewaltig großen Skala aus, auf der Del Toro hier erzählt; üblicherweise wäre ich bei so opulenter Blechschaden-Vorschau eher skeptisch, was den Inhalt des Films angeht, aber da hat sich Del Toro mit seinen bisherigen Filmen wie HELLBOY und PAN'S LABYRINTH einen gewaltig guten Namen gemacht: Nicht nur, daß seine Effektspektakel vor liebevoller Kreativität nur so strotzen - sie vergessen auch dabei die menschliche, emotionale Komponente nicht. Seien wir also gespannt auf diesen Alien-gegen-Roboter-Irrwitz, der zumindest den TRANSFORMERS-Destruktionsentzug bis zum nächsten Sommer beruhigen dürfte ...

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[Film] Die Rückkehr der Zombies (1981)

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Sie haben gewissermaßen nachhaltig die Gräber dieser Welt geöffnet: Der Amerikaner George Romero zuerst mit seinem Schwarzweißklassiker DIE NACHT DER LEBENDEN TOTEN von 1968 und dann zehn Jahre später nochmal mit dem perfiden Blutbad ZOMBIE - beide so einflußreich, daß kein folgender Film um sie herumkam - und in Romeros Fahrwasser 1979 der Italiener Lucio Fulci, dessen WOODOO - DIE SCHRECKENSINSEL DER ZOMBIES (in Italien ganz unbekümmert als Sequel zum Romero-Streifen verkauft) dafür sorgte, daß aus der italienischen Horrorproduktion eine ganze Industrie wurde. Plötzlich wankten die Untoten mit bemerkenswerter Vehemenz regelmäßig über die Leinwand: Umberto Lenzi schickte seine flinken Viecher in GROSSANGRIFF DER ZOMBIES zum Angriff, Bruno Mattei zeigte uns die HÖLLE DER LEBENDEN TOTEN, Marino Girolami mischte ZOMBIES UNTER KANNIBALEN, Fulci selbst legte mit DIE GEISTERSTADT DER ZOMBIES und EIN ZOMBIE HING AM GLOCKENSEIL nach, und der gute alte Joe D'Amato verquickte, wie könnte es anders sein, Zombieterror mit Sexeinlagen: IN DER GEWALT DER ZOMBIES. Und freilich wäre dieser Widergänger-Zyklus ohne den vorliegenden Film unvollständig: DIE RÜCKKEHR DER ZOMBIES von Andrea Bianchi.

Bianchi hatte sich zuvor schon mit Streifen wie dem kleidungsarmen Giallo DER GEHEIMNISVOLLE KILLER und der Sex-und-Exorzismus-Mixtur MALABIMBA - KOMM UND MACH'S MIT MIR (welch preisverdächtiger deutscher Titel!) ausgiebigst im Exploitation-Kino niedergelassen. Zusammen mit Autor Piero Regnoli konzentrierte er sich in dieser Zombiesause auf die essentiellsten Bestandteile so einer Untotenparade: Menschen gegen Zombies - und erstere verlieren.


Nicht einmal die ausführlichere Handlungszusammenfassung würde der Geschichte wesentlich mehr Fleisch geben - aus dem einfachen Grund, daß es hier keine Geschichte gibt, nur eine Prämisse: Noch vor dem Vorspann buddelt ein bärtiger Professor in irgendwelchen Höhlen herum und stört mit seinen Nachforschungen offenbar die Ruhe einiger verblichener Etrusker, die sich sogleich über ihn hermachen. Wenig später fahren einige Freunde auf den Landsitz des Professors, wo sie sich fünfzehn Minuten lang sozusagen vorstellen (sagen wir mal, die Zeit wird halbe-halbe zwischen Exposition und Sex aufgeteilt), bevor die Zombiemassen vor der Tür stehen und unsere Helden den Rest des Films ums reine Überleben kämpfen müssen.

Daß die Handlung so dünne ist, daß die Figuren kaum einmal durch minimalste Eigenschaften ausgezeichnet werden, sollte hier keinesfalls als Problem mißverstanden werden: Bianchis Minimalismus ist primär mal konsequent. Immerhin reduziert er den Zombiefilm auf die notwendigsten Elemente und inszeniert daraus einen nicht endenwollenden Todeskampf, den man sich sogar in einer fremden Sprache ohne viele Verluste ansehen könnte.


Wenn der Horrorfilm die spielerische Konfrontation mit den menschlichen Urängsten ist, dann ist der Zombiefilm gleichzeitig die passendste Metapher für die Unausweichlichkeit des Todes wie auch die direkteste Auseinandersetzung mit der eigenen Vergänglichkeit: Nicht umsonst enden zahllose Genrefilme mit dem Tod aller Hauptfiguren oder mit der Unabwendbarkeit des Untergangs. Und auch wenn sich zwischendurch die Protagonisten gegen ihr Ableben wehren können, wird ihnen (und uns) doch wieder und wieder demonstriert, wie verletzlich und sterblich ein menschlicher Körper letztlich ist. In diesem Sinne zelebriert DIE RÜCKKEHR DER ZOMBIES die Quintessenz des Zombieplots ganz ohne dekorative Schnörkel: Hier wird keine politische oder gesellschaftskritische Botschaft geboten, hier werden keine menschlichen Beziehungen ausgelotet, hier wird keine Mystik aufgefahren und kein Zivilisationsausblick gegeben - hier wird einfach nur gestorben.

Freilich muß dazu eingeräumt werden, daß Bianchis Film kein düsterer Arthouse-Streifen ist und auch kein transgressiver Terror: DIE RÜCKKEHR DER ZOMBIES ist ein kleiner Low-Budget-Streifen, der Horror- und Splatterfreunden Spaß machen soll. Ein gewisses Faible für europäisches Genreschaffen muß man da natürlich mitbringen - die Effekte sind mitunter billig, die Schauspieler eher zweitklassig, die Inszenierung ist mitunter fahrig. Was nichts daran ändert, daß dieser Zombieaufmarsch primär mal höchst unterhaltsam geraten ist: Wenn die modernden Gesellen zu kosmisch-avantgardistischem Synthgefiepe durch sonnendurchflutete Wälder oder finstere Hausgänge schleichen, tun selbst die mitunter etwas einfachen Zombiemasken der Atmosphäre keinen Abbruch.


Nicht zuletzt - ganz abgesehen von der Packen-wir's-einfach-an-Machart und dem narrativen Minimalismus - besticht DIE RÜCKKEHR DER ZOMBIES auch mit der Prise Absurdität, die den Italo-Horror so oft auszeichnet. Da spielt ein 25-jähriger Kleinwüchsiger mit eindeutig erwachsenem Gesicht den kleinen Sohn einer der Hauptdarstellerinnen, und als wären seine weit aufgerissenen Augen nicht schon merkwürdig genug, darf er ihr zum Finale - in einer der meistzitiertesten Szenen des Films - die Brust abbeißen, mit der sie ihn stillen will. Ja, das könnte man als "unsubtil" bezeichnen - nur ist Subtilität auch sicherlich die letzte Eigenschaft, weshalb wir den italienischen Film schätzen.







Die Rückkehr der Zombies (Italien 1981)
Originaltitel: Le notti del terrore
Alternativtitel: Burial Ground / The Nights of Terror / Zombie 3
Regie: Andrea Bianchi
Drehbuch: Piero Regnoli
Kamera: Gianfranco Maioletti
Musik: Elsio Mancuso, "Burt Rexon" (= Berto Pisano)
Produktion: Gabriele Crisanti
Darsteller: Karin Well, "Maria Angela Giordan" (= Mariangela Giordano), Gian Luigi Chirizzi, Simone Mattioli, Antonietta Antinori, Roberto Caporali, Peter Bark, Claudio Zucchett, Anna Valente, Raimondo Barbieri

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[Film] Angel of Death (1986)

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Ich weiß ja nicht, wie es euch geht - aber wenn mir ein Achtziger-Jahre-Actionfilm unterkommt, der den Alternativtitel COMMANDO MENGELE trägt, vom Italiener Andrea Bianchi inszeniert wurde (MALABIMBA, DIE RÜCKKEHR DER ZOMBIES), von Jess Franco mitgeschrieben wurde und von der französischen Z-Movie-Schmiede Eurociné (z.B. Jess Francos OASE DER ZOMBIES) auf die Beine gestellt wurde, dann muß ich diesen Streifen gewissermaßen sofortigstens sehen. Und nachdem ich so ein Entnazifizierungsspektakel mit höchster Aufmerksamkeit begutachtet habe, muß ich freilich auch flugs darüber berichten - immerhin gilt es hier nicht nur, effektiver Faschismusbekämpfung beizuwohnen, sondern auch, glorreichstes Weltspartagskino gleichgesinnten Cinephilen ans Herz zu legen.

Bevor wir uns der komplexen Geschichte von ANGEL OF DEATH widmen, ist es aber wohl Zeit für einen kurzen historischen Einschub: Der KZ-Arzt Dr. Josef Mengele, der während der Kriegszeit zahllose menschenverachtende Experimente an Inhaftierten vornahm, setzte sich nach 1945 Richtung Südamerika ab und galt in den Siebzigern als meistgesuchtester Kriegsverbrecher - auf seine Ergreifung waren Belohnungen von umgerechnet zehn Millionen Mark ausgesetzt. Mengele starb 1979 an einem Schlaganfall und wurde von seiner Familie heimlich beigesetzt; erst 1985 fand man seine Überreste.

Der Doktor (Howard Vernon) schwelgt
mal wieder in der Vergangenheit.
So gesehen könnte der 1986 veröffentlichte Film tatsächlich noch zu einer Zeit entstanden sein, in der Mengele als international gesuchter Flüchtling galt - und wenn nicht, ist das auch egal, da sich die Filmemacher ohnehin recht wenig mit Geschichte und Fakten abplagen. Das merkt man schon in der ersten Einstellung, in der eine touristische Strandlandschaft am Meer gezeigt wird und darüber die Ortsangabe "Villarica - Paraguay" eingeblendet wird - das produziert natürlich gleich Urlaubsstimmung, abgesehen vielleicht von dem unwesentlichen Detail, daß Paraguay im Landesinneren liegt und sich deshalb schwer tun dürfte, seinen Besuchern ein Meer anzubieten. Immerhin: Mengele weilte eine Zeitlang tatsächlich in Paraguay.

Und so widmet sich ANGEL OF DEATH bzw. das COMMANDO MENGELE der Suche nach dem Herrn Doktor. Wir folgen einem motivierten Freiheitskämpfer namens Marc Logan, dessen Eltern seinerzeit im KZ umgekommen sind und der daher eine persönliche Motivation hat, den Naziarzt zur Strecke zu bringen. Gleich zu Beginn sehen wir Logan mit ein paar Helfern, wie sie sich einen Dr. Hess schnappen wollen - und trotz Anweisung, Hess und seinen Chaffeur lebendig einzukassieren, endet das Ganze nur wenige Sekunden später im Blutbad. Zerknirscht muß Logan mit seinem Hauptquartier telefonieren und berichten, daß Hess doch nicht Mengele war und der Einsatz leider schiefgelaufen ist. Das Hauptquartier - Fernando Rey, eine Sekretärin und ein Wohnzimmer mit Kamin - weist ihn daher zurecht, daß beim nächsten Mal nur mit eindeutigen Beweisen eine Operation autorisiert werden kann.

Freiheitskämpfer Marc Logan (Antonio Mayans) ist
über den Tod seiner Freundin nicht begeistert.
Zum Glück kriegt Logans Freundin (kurz nachdem im Fernsehen ein Bericht über die Greueltaten von Mengele lief) einen Anruf ihrer Bekannten Eva, die als Mätresse eines Dr. Karl Hermann lebt und glaubt, daß der nette alte Herr eventuell nicht der sein könnte, für den er sich ausgibt. Logan fährt zusammen mit seiner Freundin zum Haus dieses Doktors, um sich dort mal umzusehen, und muß feststellen, daß man dort sogleich auf ihn schießt. Und ihn mit dem Helikopter verfolgt. Logans Freundin wird getroffen und segnet das Zeitliche. Das alles macht Logan doch irgendwie stutzig.

Im Folgenden stellt sich Logan - der als Freiheitskämpfer in internationalem Auftrag offenbar weder feste Mitarbeiter noch sonstige Ressourcen zu haben scheint - ein kleines Team zusammen, um Dr. Hermann auszuspionieren und dann auch zur Strecke zu bringen. Teammitglied #1: Ein Martial-Arts-Kämpfer, der als Trainer arbeitet und in jeder Einstellung hochmotiviert in die Luft schlägt oder tritt. Nach seiner Rekrutierung kickt er jubilierend einem seiner Schüler in den Rücken und tritt einem anderen die Beine weg; als er später ein extra eingeflogenes hohes Tier vom Hauptquartier kennenlernt, dreht er ihm jovial den Arm auf den Rücken. Kurzum: Ein gar lustiger Geselle. Teammitglied #2: Ein Zirkusakrobat, den Logan zufällig kennengelernt hat, als er seine niedergeschossene Freundin irgendwo deponieren mußte. Teammitglied #3: Ein Radiotechniker bzw. Abhörspezialist, der in einer mit altem Krempel vollgestellten Garage herumbastelt. Teammitglied #4: Ein dicker Mann mit grauem Bart, der im Kampf gegen mit Maschinenpistolen ausgerüstete Neonazis vorzugsweise auf die gute alte Armbrust zurückgreift und das niedergestreckte Gesindel im Moment ihres Todes noch mit dem ausgespuckten Wort "Nazi!" beschimpft. Es trifft sie sicher hart.

Soll das Friedrich Nietzsche sein? Der Panzer scheint
übrigens den Film über in der Garage zu bleiben.

Aber kümmern wir uns doch mal lieber um die gute Eva, die unsere Antifaschismuseinheit ja überhaupt erst auf den Herrn Doktor Hermann gebracht hat. Eva arbeitete nämlich in einem Nachtclub, wo sie von einem reichen Jüngling namens Wolfgang becirct wurde. Der hat sie dann mit Dr. Hermann bekanntgemacht, der Eva sogleich als neue Lebensabschnittsgefährtin begrüßt hat. Eines Morgens hörte Eva aber merkwürdige Geräusche in Hermanns Villa und entdeckte das Geheimnis des Doktors: In einem abgelegenen Raum stand der alte Herr in voller SS-Uniform vor einer mit Hakenkreuzen behangenen Wand und lauschte andächtig alten Reden des dahingeschiedenen Führers. Passend dazu war der Raum auch mit einem Photo dekoriert, das Dr. Hermann zusammen mit Adolf zeigt. All dies stimmte Eva doch eher nachdenklich.

Es ist freilich eine gewissermaßen entzückende Vorstellung, daß der Nationalsozialismus so eine Art Geheimreligion darstellt, deren Mitglieder sich ins stille Kämmerlein zurückziehen, um im Ordensgewand vor einem eigens eingerichteten Faschismusaltar Andacht zu halten. Erst bei der Entdeckung dieser privaten Glückseligkeit outet sich Dr. Hermann als Nazi - und nicht etwa durch die donnernden Reden, die er über die herrschende Klasse hält, oder durch die im Garten trainierenden Söldner, oder durch die auf jeder Uniform und an jedem Transportmittel prangenden, im Hakenkreuzstil designten Insignien "4R" - was übrigens für "4. Reich" steht: Wie sich herausstellt, plant Dr. Hermann nämlich, diverse Söldnertrupps zu vereinigen und halb Südamerika unter seine Fuchtel zu bringen.

"Wollten wir das Wohnzimmer nicht gemeinsam einrichten, Schatz?"
Aber bedeutet das, daß Mengele bzw. Hermann seine medizinische Tätigkeit an den Nagel gehängt hat? Mitnichten! In einem Kellerraum sehen wir - betreut von Hermanns ergebener Helferin Gertrud - in einigen Krankenbetten Ergebnisse seiner Experimente liegen. Der im Bildvordergrund herumhüpfende Schimpanse ist nicht zur Dekoration da: Hermann hat versucht, Menschen mit Affen zu kreuzen. Weswegen im linken Bett ein Mann mit dicker, pelziger Monobraue und einem haarigen Arm liegt, im rechten Bett dagegen ein Kerl mit halb behaartem Gesicht. Der Doktor spricht begeistert von seinen Fortschritten in der Genetik, aber die Einladung zum nächsten Ärztekongreß muß wohl trotzdem von der paraguayischen Post verschlampt worden sein. Franco-Veteran Howard Vernon spielt den Doktor übrigens meistens so, als würde ihm die eigene Boshaftigkeit wohlige Schauer über den Rücken jagen - an einer Stelle schwingt er sich zu so eifriger Rhetorik auf, daß im Hintergrund Chöre zu hören sind!

Haben wir noch etwas vergessen? Ach ja: Im Zuge seiner Experimente hat Dr. Hermann die gute Eva künstlich befruchten lassen. Das lief so: Die gute Gertrud hat ihr eine Spritze gegeben, danach wurde Eva ohnmächtig, und als sie wieder zu sich kam, war sie schwanger. Der Doktor ist nämlich zu alt, um selber noch Kinder zu kriegen, erklärt sie unserem Freiheitskämpfer Logan. Um Himmels Willen, Mengele kriegt Nachwuchs? Naja, vielleicht nicht: Der schöne Wolfgang macht nämlich ein einer Stelle so eine Anmerkung, die darauf schließen läßt, daß es sich vielleicht eher um sein Saatgut handeln könnte. Wolfgang, so wird uns übrigens an einer Stelle des Films erklärt, kam in Amerika als Sohn deutscher Einwanderer zur Welt, kämpfte dann im Vietnamkrieg - bis ihn seine Verbitterung zum Faschismus führte. Es wird einem beinahe warm ums Herz.

Eva (Suzanne Andrews) ist betrübt: Sie wurde von Dr. Mengele künstlich
befruchtet. Und die Wellness-Termine wurden abgesagt.
Weil die Filmemacher keine Belohnung von zehn Millionen Mark erhalten haben, geht das Prozedere freilich dezidiert preiswert vonstatten. Ein per Granate beseitigtes Auto funktioniert zum Beispiel so, daß man erst das Auto mit den Schurken drin fahren sieht, dann wirft unser bärtiger Kämpfer eine Granate, dann hört man eine Explosion, und dann wird auf ein brennendes Fahrzeugwrack geschnitten. Später gibt es einen großartigen Raketenwerfer, der beständig mit neuen Raketen gefüttert wird, aber man sieht nie, wie eine abgeschossen wird - es ist immer nur so ein "fump" zu hören, wie wenn man den Plastikdeckel von einer leeren Plakatrolle abhebt. Der hinreißende Synthscore wiederholt sich ad infinitum, und die Action ist meist mit statischer Kamera abgefilmt - wenn nicht gerade aus keinem ersichtlichem Grund etwas in Zeitlupe passiert. Und man muß es kaum erwähnen, daß selbst das geheime Forschungslabor des Doktors einfach nur ein leerer kleiner Raum ist.

Und natürlich ist das Spektakel höchst unterhaltsam anzusehen und strahlt durchweg im betörendsten Videothekencharme der Achtziger. Man könnte jetzt natürlich noch über die Frage etwaiger Geschmacklosigkeit hinsichtlich des geschichtlichen Hintergrunds sprechen - aber wenn der Film das schon so geflissentlich ignoriert, warum sollten wir das dann anders handhaben?








Angel of Death (Frankreich 1986)
Alternativtitel: Commando Mengele / L'Ange de la Mort
Regie: "A. Frank Drew White" (= Andrea Bianchi)
Drehbuch: Gregory Freed (= Georges Friedland), A.L. Mariaux (= Marius Lesoeur?), D. Khunn (= Jess Franco)
Kamera: Roy Fellous
Musik: N. Verrone
Produktion: Daniel Lesoeur
Darsteller: Christopher Mitchum, Suzanne Andrews, Fernando Rey, Howard Vernon, Jack Taylor, Dora Doll, J.C. Lerner, Shirley Knight, "Robert Foster" (= Antonio Mayans)

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[Game / PC] Leisure Suit Larry Reloaded (2013)

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Von 1987 bis 1996 gehörten die amourösen Abenteuer des Möchtegern-Aufreißers Larry Laffer zu den beliebtesten Adventures der Softwareschmiede Sierra: Die witzigen Geschichten, die den Antihelden von einer Peinlichkeit zur nächsten Bredouille stolpern ließen, machten aus Larry eine Kultfigur, die es bis ins Feuilleton schaffte. Sechs Teile schrieb Designer Al Lowe rund um seinen LEISURE SUIT LARRY (wobei die Nummerierung Part 4 übersprang und gleich mit #5 weitermachte); eine Fortsetzung mit dem Namen LUST IN SPACE wurde 1999 gecancelt. Unter neuer Firmenaufsicht und ohne Lowe durfte der Serienname nurmehr für zwei sensationell schlimme Spielchen herhalten (MAGNA CUM LAUDE und BOX OFFICE BUST) - bis sich 2012 Larrys Vater aus dem Ruhestand zurückmeldete und per Crowdfunding Geld für ein Remake des allerersten Teils sammelte: LEISURE SUIT LARRY RELOADED.

Die Sinnhaftigkeit eines solchen Remakes darf natürlich hinterfragt werden. Wäre ein neues Abenteuer rund um Larry nicht viel attraktiver als eine aufpolierte Version des Originals? Sierra-Kenner dürften sich auch erinnern, daß es 1991 schon einmal eine Neufassung des ersten Spiels gab: Die Firma brachte Anfang der Neunziger eine Reihe von Remakes heraus, mit denen sie ihre beliebtesten Titel auf den technisch neuesten Stand brachten - KING'S QUEST, SPACE QUEST, POLICE QUEST und eben auch LEISURE SUIT LARRY. Seinerzeit verkauften sich die schön gemachten Neuauflagen nur schleppend, weshalb die Firma von weiteren Remakes absah. 2013 scheint das Bedürfnis nach einer Verjüngungskur des mittlerweile 26 Jahre alten Spiels wesentlich größer zu sein: 14.081 Fans (darunter auch meine Wenigkeit) spendeten insgesamt $655.182 für die Neuauflage. Fairerweise darf dazu gesagt werden, daß sich Al Lowe, sein Co-Designer Josh Mandel und die Firma Replay Games die Rechte an Larry Laffer nur im Rahmen eines Remakes besorgen konnten - dem bei Erfolg weitere Spiele folgen können. Ein wenig haben wir also auch einfach die Rückkehr von Al Lowe und das Versprechen weiterer Larry-Games monetär belohnt.

Alle Jahre wieder darf Larry vor Lefty's stehen und sein Glück suchen ...

Wie schon im Original von 1987 schickt auch LEISURE SUIT LARRY RELOADED unseren Loser Larry für eine Nacht nach Lost Wages, wo er sein Glück finden und seine Unschuld verlieren soll - gerade letzteres wird höchste Zeit, ist Larry doch immerhin schon knapp 40! Freilich hilft es nicht, daß Larry Charme versprüht wie ein platter Reifen und seinen Polyesteranzug für einen geschickten modischen Schachzug hält ...

Wo man in der ersten Version Larry noch mit den Cursortasten durch die dreidimensionalen Bilder steuerte und Befehle per Tastatur eingab ("open door", "talk to girl"), steuert sich unser Polyesterheld hier (wie auch schon im Remake von 1991) per Icon - man klickt mit Befehlsicons für Sehen, Benutzen, Reden usw. auf diverse Gegenstände und Personen und hofft, daß sich etwas tut. Das Original punktete damit, daß das Spiel allerlei Schweinkram verstand und mit witzigen Sprüchen kontern konnte; weil man hier an die Icons gebunden ist, entfällt dieser Überraschungseffekt natürlich - dafür haben sich Lowe, Mandel & Co. Mühe gegeben, daß das Spiel viele witzige Beschreibungen und Reaktionen auf Spieleraktionen bieten kann. Eine Zeitlang ist man also immer schon damit beschäftigt, herauszufinden, welche Kommentare sich noch herauskitzeln lassen.

Die Grafik gibt alle Frauen und ihre Proportionen
in höchstem Realismus wieder.

Die Story hält sich weitestgehend an das Original: Noch immer besucht Larry die versiffte Bar Lefty's, noch immer findet er dort das Paßwort "Ken Sent Me" und erhält damit Zugang zu einem Hinterzimmer, wo er bei einer Prostituierten landen kann; noch immer lernt er in einer Disco die hübsche Fawn kennen, die ihn gegen ein paar Geschenke heiraten will, und noch immer steht in der leeren Hotelbar ein Komiker auf der Bühne, der müde Stand-Up-Witze reißt. Damit die Angelegenheit nicht allzu fad wird, wurden einige Puzzles aufgepeppt und verändert - für eine Fernbedienung müssen jetzt erstmal Batterien besorgt werden, eine Gummipuppe muß erst geflickt werden, bevor man sie aufpusten kann. Es gibt außerdem eine zusätzliche Figur - die Taucherin Jasmine - die für ein paar zusätzliche Aufgaben sorgt.

Dennoch beschreitet LEISURE SUIT LARRY RELOADED natürlich hinlänglich bekanntes Terrain, und die neuen Puzzles sorgen kaum für nächtelanges Knobeln: Kenner des Originals marschieren hier in ein paar Stunden bis zum Ende. Wer die Erstversion nie gespielt hat, erforscht vielleicht etwas länger - und darf zwischen ganz banalen Gegenstand-A-wird-an-Ort-B-eingesetzt-Aufgaben und eher unlogischen Rätseln hin- und herpendeln, wobei auch die letztere Sparte aufgrund des sehr überschaubaren Spielareals und der kurzen Story das Ende nie allzu lang hinauszögert. Das Grundprinzip erscheint natürlich als purer Fortgehtraum: Man trifft fesche Frauen, bei denen es so ziemlich egal ist, was man sagt - sie lassen einen exakt wissen, was sie von einem wollen, und das beschafft man ihnen dann. (Wenigstens lassen sie einen dann realistischerweise trotzdem meistens entweder stehen oder hauen einen übers Ohr.)

So hat sich Larry seine Nacht mit Fawn nicht ganz vorgestellt:
Die gute Frau raubt ihm Herz und Brieftasche.

Nun darf man sich anhand des fertigen Spiels noch einmal exakt die Frage stellen, über die man wohl schon während der Kickstarter-Kampagne nachgedacht hat: Braucht die Welt noch ein Remake von LEISURE SUIT LARRY? Für die Veteranen unter uns ist RELOADED natürlich primär eine Nostalgieveranstaltung - man besucht bekannte Orte wieder, freut sich über bekannte Sprüche und erinnert sich an frühere Situationen im Spiel. Wobei die Nostalgie hier ja eher dosiert zum Zuge kommt: Für die volle Nostalgie wäre es viel zielführender, einfach das Original zu spielen und nicht das aufgefrischte Remake.

Während man sich also an das alte Spiel erinnert, beschleicht einen der leise Verdacht, daß Larry entweder früher besser war oder man zu jugendlicheren Zeiten mehr Spaß daran hatte. Natürlich sind all die Witze, die sexuellen Anspielungen, die hihi-hochnotpeinlichen Situationen und die Derbheiten in 26 Jahren keinen Deut origineller geworden: 1987 mag es erfrischend gewesen sein, einen solchen Verlierer zu spielen und auch mal von einem Computerspiel freche Witze serviert zu bekommen; 2013 wirkt das Grundprinzip eher nach dezent verklemmtem Schnee von gestern. Dazu kommt, daß Lowe und Mandel offenbar die Geschmacksgrenze weit tiefer legen wollen: Die im Original nicht enthaltenen Elemente rund um einen mit haarigem Schleim verstopften Vibrator, Walkotze oder Katzen-Analsekret sollen als Bad-Taste-Beigaben wohl den Humor zeitgemäßer gestalten - dabei reduzieren sie ihn aber nur auf Derbheiten.

Jasmine kam im Original nicht vor. Sie wäre uns aufgefallen.

Vielleicht ist es eine gewisse Verklärung, das Originalspiel als witziger und auch pfiffiger im Humor wahrzunehmen - aber nicht nur die in der 2013er Version hinzugefügten Bad-Taste-Witze deuten darauf hin, daß das Niveau gesunken ist: Der Sprecher der Neuauflage liest jeden Satz mit derart süffisanter Betonung, als könnte man sonst irgendwie verpassen, daß da etwas lustig ist; Larry selbst spricht mit alberner Comicstimme (es ist derselbe Sprecher wie auch schon bei den Teilen 6 & 7). Die nüchternen Texteinblendungen des Originals mögen dagegen anachronistisch und technisch altbacken wirken, aber sie setzen gegenüber dem doch oft sehr direkten Humor einen wunderbaren Kontrast: Der Schwarz-auf-Weiß-Text ist wie das ernste Gesicht, mit dem das Spiel den gröbsten Unfug von sich gab und damit nur umso komischer wirkte.

Sei's drum. Als Neuauflage funktioniert LEISURE SUIT LARRY RELOADED im Rahmen seiner Möglichkeiten durchaus als flotter Zeitvertreib; um Larry wirklich zu verstehen, muß man aber wohl - trotz der angestaubten Technik - das Original ansehen. Mehr Kopfschütteln als die Sinnhaftigkeit dieser mit hübschen Bildern und stimmungsvoller Jazzmusik aufgepeppten Frischzellenkur produziert dann doch die Ankündigung von Lowe und Replay: Bevor man sich an ein neues Larry-Abenteuer macht, werden erstmal die Teile 2-7 ebenso neugestaltet. Vielleicht wollen sie ja dann in ein paar Jahren, wenn sie mit dieser Mammutaufgabe durch sind, ein neues Remake von Teil 1 angehen ...?




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[TV / Film / Promotion] Tele5: Die schlechtesten Filme aller Zeiten

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Inhalt "sponsored by Tele5"


Schon letztes Jahr füllte Tele5 seine Wochenend-Abende gerne mit wonnigem Trash - vorzugsweise mit herzhaften Monster- und Tierhorrorstreifen, von denen auch ich einige begutachten durfte (z.B. CROCODILE oder BAT ATTACK). Die Programmschiene scheint Erfolg zu haben - weshalb der Fernsehsender ab dem 26. Juli eine Reihe unter dem Banner "Die schlechtesten Filme aller Zeiten" bringt, die von Oliver Kalkofe und Peter Rütten präsentiert und kommentiert wird.

Ein wehmütiges Auge darf diese Sendereihe aber bei den Filmliebhabern durchaus hervorrufen, und das aus zweierlei Gründen. Einerseits stimmt einen die Filmauswahl nachdenklich: Schon für den Einstieg wird mit Fred Olen Rays SUPERSHARK ein Schnodderfilm gewählt, der freilich kompletter C-Quark ist - aber ohnehin nicht wirklich ernst gemeint. Später folgen zum Beispiel DIE RACHE DER KILLERFISCHE von Antonio Margheriti und das Endzeit-Spektakel CHERRY 2000 mit der jungen Melanie Griffith - kein preisverdächtiges Kino, aber an und für sich recht liebevoll gestaltete Genre-Stücke, die sich den Themenstempel keinesfalls verdient haben. Mit ORCS ist sogar ein sympathischer Billig-Streifen drin, der prinzipiell als Parodie auf die teuren HERR-DER-RINGE-Spektakel angelegt ist. Immerhin: Mit dem Italo-Fantasy-Spektakel DER THRON DES FEUERS (mit der wunderbaren Sabrina Siani) liegt man in Qualitätsfragen nicht ganz daneben. Ich gebe zu, daß ich mich auf letzteren Streifen am meisten freue, nachdem das gute alte VHS-Band mittlerweile eher den Titel DER THRON DER FINSTERNIS tragen sollte ...

Der andere Grund für eine gewisse Skepsis: Oliver Kalkofe ist ein witziger und schlauer Zeitgenosse - aber die Präsentation läßt auf einen recht derben Humor schließen. Und das wiederum ist eigentlich etwas, was ich schade finde - natürlich ist der Banner "Die schlechtesten Filme aller Zeiten" primär Marketingschachzug, um Interesse an dieser etwas anderen Programmgestaltung hervorzurufen, aber dennoch entgeht einem so manch wunderbares Filmerlebnis, wenn man nur mit dem Finger auf den vermeintlichen Quark zeigt und darüber spottet. Schließlich sind Filme nicht einfach "gut" oder "schlecht", und so mancher von der Masse als "Trash" eingestufte Film hat weitaus mehr Ambition zu bieten, als ihm zugestanden wird.

Immerhin: Die plakative Aufmachung läßt dennoch darauf schließen, daß Interesse an Kino abseits der teuren Blockbuster besteht - und sei es nur, weil man mal über abgefahrene Absurditäten wie KNOCHENBRECHER IM WILDEN WESTEN schmunzeln möchte.

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[Film] Deine, meine & unsere (2005)

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Das mußte ja so kommen: Nachdem das Steve-Martin-Remake von IM DUTZEND BILLIGER 2003 mächtig Kohle eingespielt hatte und sogleich eine Fortsetzung auf den Grill geworfen wurde, dachte sich die Konkurrenz, daß sie am Großfamilienreibach doch ein wenig teilhaben konnten. Flugs wurde eine alte Komödie mit Henry Fonda und Lucille Ball entstaubt und mit Dennis Quaid und Rene Russo neuverwertet. Mit insgesamt 18 Kindern kann DEINE, MEINE & UNSERE somit quasi als IM DUTZEND BILLIGER 1½ gesehen werden - mit dem dezenten Unterschied, daß die Steve-Martin-Filme um einiges charmanter über die Leinwand flimmern.

Die Story von DEINE, MEINE & UNSERE ist pures Reißbrett-Konzept: Der Witwer Frank Beardsley kümmert sich als alleinerziehender Vater um seine acht Kinder und stemmt nebenher noch eine Karriere als Admiral bei der Navy. Bei einem Highschool-Klassentreffen begegnet er seiner Jugendliebe Helen North wieder - die ihrerseits keinen Ehemann aufzuweisen hat, dafür aber 10 Kinder hütet (4 eigene, 6 adoptierte) und als Kostümdesignerin arbeitet. Die Leidenschaft zwischen Frank und Helen entflammt wieder, beide heiraten und ziehen mit ihrem gesamten Anhang zusammen - und der kann sich so überhaupt nicht leiden, daß die Kinder allesamt Pläne schmieden, wie sie einen Streit zwischen ihren Eltern inszenieren können ...


Die ganze Prämisse ist natürlich so unglaublich konstruiert, daß man ohnehin nur mit eskapistischer Unterhaltungsphantastik rechnen kann. Nur bemühen sich Skript und Regisseur keine Sekunde lang, zumindest die Hauptfiguren irgendwie in der Realität zu verankern - wahrscheinlich aus Kapitulation vor der Materie. Wie sich Frank und Helen wieder treffen und ihre Vergangenheit aufleben lassen, wird schon unglaublich maschinell abgefertigt und nicht einen Millimeter emotional glaubwürdig eingefangen. Daß die beiden dann über Nacht heiraten und am nächsten Tag ihre Familien mit dem Plan konfrontieren, daß sie alle zusammenziehen sollen, läßt dann aber doch auf groben Realitätsverlust schließen - aber natürlich muß so eine Konzeptkomödie möglichst schnell überhaupt zum Konzept kommen, damit der Spaß beginnen darf.

Leider beginnt er nie. Zur Schaffung eines Konflikts wurden beide Elternteile mit jeweils einer Eigenschaft versehen: Frank ist zackiger Ordnungsfanatiker, Helen eine antiautoritär erziehende Hippiefrau. So dreht sich die Komik primär darum, daß Frank Zeitpläne und Organisationsübersichten entwirft, die von Helens Kindern komplett ignoriert (oder mit Buntstiften bemalt) werden. Und weil Frank dann wütend wird, wird auch irgendwann Helen wütend. Und die beiden streiten sich und wollen sich trennen, bis dann die Kinder ... ach, so ausgetüftelte Handlungsentwicklungen darf man einfach nicht spoilern.


Regisseur Raja Gosnell (früher Cutter für Filme wie MRS. DOUBTFIRE und KEVIN - ALLEIN ZU HAUS, dann Regisseur von Streifen wie SCOOBY DOO und DIE SCHLÜMPFE) scheint auch geschwant zu haben, daß die Geschichte etwas dünn anmutet, weswegen er die 84 Minuten Laufzeit mit unendlichen Slapstick-Szenen füllt. Da spritzen die Farbeimer, die Kinder fallen beinahe aus dem Fenster, im Supermarkt droht ein wildgewordener Gabelstapler den Familienvater zu überfahren, und immer wieder darf jemand im Matsch oder im Wasser landen. Komponist Christophe Beck fährt dazu wie im Delirium das Orchester auf, als könnte ein noch vehementeres Gepuste das Gehampel irgendwann doch noch lustig machen, und Dennis Quaid grimassiert sich durch jede Szene, während sein Blick durchweg Angst erkennen läßt, der Unfug wäre erfolgreich genug für fünf Fortsetzungen. Nicht einmal die sonst immer so sympathische Rene Russo kann hier irgendetwas retten.

Haben wir eigentlich schon erwähnt, daß die Familie ein Schwein ihr Eigen nennt? Das Borstentier stammt natürlich aus Helens Teil der Familie und darf frei durch die Wohnung laufen. Im Zuge einer Farbverwüstungsschlacht zwischen den Kindern wird das Schwein blau angemalt. Und später darf es dem schlafenden Dennis Quaid über Gesicht und Mund lecken. Vermutlich wollten die Autoren da ganz sicher gehen, was die Auslotung aller humoristischen Möglichkeiten angeht. Wobei: Das Schwein registriert man sogar noch mehr als Figur als viele der 18 Kinder. Abgesehen von einigen (mittlerweile) bekannteren Gesichtern in den höheren Altersgruppen (z.B. Danielle Panabaker) wird der Nachwuchs primär als geschlossene Terrororganisation präsentiert; schon direkt nach dem Ansehen des Films dürfte es schwerfallen, auch nur sechs der Kinder - also ein bloßes Drittel der Blase - namentlich aufzusagen.

Oh ja, DEINE, MEINE & UNSERE ist ein absoluter Familienfilm. Fragt sich nur, für welche Familie.




Deine, meine & unsere (USA 2005)
Originaltitel: Yours, Mine & Ours
Regie: Raja Gosnell
Buch: Ron Burch & David Kidd
Musik: Christophe Beck
Kamera: Theo van de Sande
Darsteller: Dennis Quaid, Rene Russo, Sean Faris, Katija Pevec, Danielle Panabaker, Drake Bell, Miranda Cosgrove, Rip Torn, Linda Hunt, Jerry O'Connell, David Koechner

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